Prolog: Ich glaube, ich bin enttarnt. Supermom liest mit. Vermutlich schon eine ganze Weile. Das erklärt ihr Verhalten mir gegenüber. Ich verabschiede mich mit Bedauern bei all meinen Lesern, es war sehr schön mit euch.
…
letzte Woche beim Eltern, wir danken schön! Fest:
„FRAU WEH! Was ich Sie die ganze Zeit schon fragen wollte!“
Supermom – ein Glas Sekt in der einen, ein üppiges Kanapee in der anderen Hand – stürzt auf mich zu. Dass ich mitnichten allein dort stehe, interessiert sie eher weniger. Auch die stilvollen 30cm Tanzabstand sind nicht so ihr Ding. Es muss eine dringliche Frage sein, die der besten Mutter aller Zeiten unter den Nägeln brennt, als sie sich ihren Weg durch die Eltern bahnt und jetzt knapp vor meiner Nase abbremst.
„Ja, bitte?“ Ich gehe automatisch ein Schrittchen zurück. Sie folgt.
„Haben Sie sich eigentlichvon Ihrem Mann getrennt!?“ Erwartungsgeifernd starrt sie mich an.
Meine Überraschung ist echt: „Wie bitte!?“
„Ob. Sie. Sich. Ge. Trennt. Ha. Ben! Ich meine, Sie haben doch so abgenommen* und dann die Sache mit dem Haareabschneiden** und in der letzten Zeit sind Sie ziemlich deprimiert rumgelaufen***. Und da habe ich mir so gedacht…“, Kunstpause und beifallheischender Blick in die Runde, „die hat sich bestimmt von Ihrem Mann getrennt!“
Die anderen Eltern erstarren und blicken gebannt auf Supermom und mich.
„Ach, da haben Sie sich gedacht, ich hätte mich getrennt?“
„Ja! Genau! Das sagt man doch so, mit dem Friseur und so!“ Herausfordernd blickt sie mich an. Ich atme kurz durch und genehmige mir einen Moment des Nachdenkens. Kuh, blöde! Dann strahle ich sie kraft meiner langjährigen Elternerfahrung an.
„Wie nett, dass Sie sich Gedanken um mich machen, Frau Supermom. Wirklich, sehr nett. Ein Grund mehr, hier heute abend Danke zu sagen.“ Ich blicke ihr fest in die Augen. „Leider kann ich keine neuen Informationen beisteuern, mir geht es“, ich denke kurz an die bald beginnende Zeit ohne Supermom, „wunderbar.“
„Oh, dann ist ja gut“, antwortet sie enttäuscht.
„Aber“, nehme ich das Gespräch wieder auf, ihre Augen erhellen sich, „aber ich muss Sie in Kenntnis setzen, dass ich morgen zum Friseur gehe. Möglicherweise lasse ich mir die Haare sogar färben!“
Sie ist enttäuscht. Definitiv. Die Eltern um uns herum lösen sich aus ihrer Erstarrung, einige versuche sich an einem kläglichen Lächeln. Ich blicke ihr tief in die Augen. „Dies nur als Info, damit Sie die Zeichen richtig deuten…!“
…
* Stimmt. Nach der Geburt des Miniwehs habe ich mich an die Zurückeroberung meines Figürchens gewagt. Das ist jetzt – Moment – zwei Jahre her.
** Stimmt auch. Der Friseurbesuch war im Sommer letzten Jahres.
*** Nur nach ganz bestimmten Elterngesprächen, ehrlich.