… versuche ich 29 Erstklässlern gerecht zu werden.
Die Kinder machen sich gut. Sie finden sich in den Abläufen zurecht und werden schrittweise selbstständiger in ihrem Arbeitsverhalten. Nach der umfassenden Eingangsdiagnostik und dem regelmäßigen Nachsehen aller Arbeitsunterlagen habe ich das Gefühl einen sehr guten Überblick über den Leistungsstand der Kinder zu haben, der natürlich weit auseinander liegt und viele Höhen, aber auch viele Tiefen aufweist. Tatsächlich macht sich nach mehreren Durchgängen im 1. Schuljahr die Erfahrung einfach bemerkbar (das zum Trost der jüngeren Kolleginnen), aber um so härter trifft mich bisweilen die Ohnmacht, zwar genau zu wissen, wo die Schwierigkeiten einzelner Kinder liegen, und dennoch kaum Zeit zu haben, mich in Ruhe mit diesen Schülern hinzusetzen. Rein rechnerisch (was ja Quatsch ist, ich weiß) habe ich pro Kind am Tag knapp 6 Minuten zur Verfügung. De facto reicht es zwischendurch an manchen Tagen nicht einmal für eine persönliche Ansprache. Denn immer ist etwas: Kakaogeld wird eingesammelt, Zettel verteilt, Notizen von Eltern gelesen und beantwortet. All das kostet Zeit, die ich viel dringender für manche Kinder bräuchte. Überhaupt: Wie viel Entwicklungsverzögerung lässt sich in Minuteneinheiten beheben?
Nein, ich bin nicht resigniert, aber ich bin müde. Und ich bin es leid, dass unser Land Entscheidungen auf dem Rücken seiner Schüler und Lehrer fällt, die eine positive Lernentwicklung nicht nur nicht unterstützen sondern geradezu torpedieren. 29 Kinder in eine Eingangsklasse zu packen ist Wahnsinn und jeder, der das Gegenteil behauptet, sollte mal eine Woche hospitieren. Wie vielen Kindern kann wohl ein Schulpolitiker beim Einführen eines Buchstabens gleichzeitig die Hand führen?