Na gut, so schlimm war das Sportfest gar nicht. Ok, wir waren schon durchnässt als wir am Sportplatz ankamen, aber regenbedingt wurde dann wenigstens der Schwimmteil auf Montag verschoben. Bietet sich bei erwarteten sonnigen über 30°C ja auch mehr an. Stattdessen sind wir dann ziemlich früh um 10.00 Uhr wieder in der Schule angekommen. Nass, aber adrenalindurchströmt – ich habe nicht mitgezählt wie oft mein Herz beim Turndurchgang kurz aussetzte, dabei habe ich nur Hilfestellung gegeben. Bungeejumping? Free Climbing? Extremsportarten verlieren ihren Kick, wenn man ein erstes Schuljahr rückwärts über eine Turnbank balancieren lässt.
Um also Situation und Gemüter wieder vollends zu beruhigen dachte ich an eine nette Mathestunde zum Thema Geld. Da das Spielgeld der Kinder irgendwann zwischen Osterferien und Projektwoche spurlos verschwunden war (wir finden lediglich zwischendurch einzelne Centstücke zwischen den Schulmöbeln) musste es also ohne gehen. Auf Seite 110 im Mathebuch ist ein Obst- und Gemüsewagen abgebildet, die einzelnen Sorten sind mit äußerst realistischen Preisen (Kartoffeln 10 €, Kopfsalat 2 €) ausgezeichnet und bieten enorm viel Gesprächsstoff. Ich mag Welt der Zahl, das Lehrerhandbuch ist so umfangreich, dass selbst mir als Fachfremder mitunter eine Sternstunde gelingt. Außerdem habe ich das Glück, dass mir eine sehr akribische Kollegin ihr ausgefülltes Exemplar überlassen hat, sehr praktisch.
Nach ungefähr 20 Minuten hatten wir mit viel Müh und Not die einzelnen Sorten bestimmt, lediglich die Mandarinen blieben noch übrig. Ich dann also ganz munter: „Was liegt denn unter den Bananen?“
„Ananas“
Ich (irritiert): „Schaut noch mal genau, unter den Bananen, über den Apfelsinen.“
„Ananas“
Ich (leicht genervt, hatten wir uns nicht schon hitzige Diskussionen über die Existenz von Maiskolben geliefert): „UNTER den Ba-na-nen! NEBEN den Erd-beeeeeee-ren! ÜBER den Apfel-si-nen!“
„Apfel?“
„Tomaten?“
„Ich hab’s, ich hab’s: Kiwis!“
Ich (mühsam beherrscht): „Wir schauen noch einmal GANZ genau. Nehmt den Finger auf die Bananen. Nein, Joeline, auf die Ba-na-nen! Ja, genau, was liegt darunter?“
„Apfel?“
Ich: „Nein, das sind keine Äpfel! Was esst ihr denn so gerne vor Weihnachten?“
„Schokolade?“
„Kekse?“
Ich (desillusioniert): „Kinder, es geht um eine bestimmte Obstsorte… klein, rund, orange, man kann sie schälen…“
„Apfel?“
Ich: „Es heißt Äpfel! Mehrzahl! Ein Apfel, viele Äpfel!“
„Also doch Äpfel?“
Das kann doch wohl nicht wahr sein. Ich: „Nein, es sind KEINE Äpfel!“
… Stille…
„Ananas?“
Ich: „…!“
Ratlose Blicke treffen mich.
Ich (ruhig, ganz ruhig): „Klein, rund, orange, es gibt sie oft zu mehreren in Kisten zu kaufen, sie sind kleine Verwandte von Apfelsinen.“
„MANDARIIIIIINEN!“
Ich: 🙂
Einige Zeit später rechnen alle fleißig, was denn nun drei Salate kosten und wie die Summe von Kartoffeln und Blumenkohl sein müsste als ich Amelie über die Schulter schaue und sehe, dass sie gerade Erbeeren plus Ananas rechnet. Moment, Ananas!? Ja, da liegen sie. Unter den Bananen, neben den Erdbeeren, über den Apfelsinen: Ananas!
Mein wunderbares, mit Lösungen versehenes Lehrerexemplar ist veraltet und rechnet noch mit Mandarinen. Ups!