Ein Elterngespräch…

Heute bin ich eine schlechte Lehrerin. (Gestern war ich das vermutlich auch schon, aber da habe ich kein Elterngespräch geführt, in dem mir dieser Zustand explizit erläutert wurde.)

Frau Drempel sitzt mir gegenüber und starrt mich böse an. Ich habe es gewagt die Leistungen ihres Sohnes in Religion mit einem befriedigend zu bewerten.

Wir gehen jeden Sonntag in die Kirche! Er kann schon das Vaterunser! Wie kann das sein, dass Sie meinen Sohn, der sich zwar nie meldet und auf Fragen mit der Standardantwort „weeeeeeeiß niiiiich“ antwortet, so abstrafen? Sind Sie keine Pädagogin? Oder gar wirklich eine von denen? Die, die immer so nett tun und sich dann freuen, wenn sie einem Kind, ach, was sag ich, einer ganzen Familie eins reinwürgen können? Haben Sie sich eigentlich mal Gedanken über Gerechtigkeit gemacht? Ach, Sie halten sich also für gerecht! Aha! Und warum kann mein Sohn denn in einer 30er-Gruppe keinen Einzelplatz haben? Er wünscht dies schließlich ausdrücklich! Mensch, Samuel, sag mal was!

Weeeeiiiiß niiiiich

Da sehen Sie, der hat schon Angst vor Ihnen! Das haben Sie jetzt davon! Ich wusste das von Anfang an, das stimmt nicht bei Ihnen beiden. Wenn Sie die Kinder dann noch so zusammenpferchen. Der Sitznachbar, der geht also gar nicht. Kein Benehmen und die Familie! Wissen Sie eigentlich, was da läuft? Nein, natürlich nicht, wie denn auch, Sie sind ja immer mittags sofort weg, ich habe Sie fahren sehen. Schön, wenn man sich so einen Halbtagsjob leisten kann!

Aber eins noch, wir sind sehr enttäuscht! Sehr enttäuscht von Ihnen, das muss ich jetzt einfach mal so sagen. Wie? Sie benoten die Leistung!? Und er zeigt wenig davon? Ich war auch immer still! Und ich habe trotzdem mein Abitur! Mein A-bi-tur! Ob mir der Begriff sonstige Mitarbeit etwas sagt? Wir sind doch hier in der Grundschule! Wie, da geht die Notenskala von 1-6!? Wie meinen Sie das denn jetzt? Geben Sie denn auch Vieren? Dann müssten in Samuels Klasse ja mindestens 7, nein 10 Kinder eine haben! Na, da bin ich aber mal wirklich gespannt auf die Zeugnisse! Sie können davon ausgehen, dass wir Eltern vergleichen werden! Ja und bei den anderen Lehrerinnen da kommt der Samuel ganz anders an, aber Sie scheinen sich ja nicht abzusprechen. Und überhaupt kenne ich das von anderen Schulen ganz anders!

Wie können Sie nur! Nein, wir sind so betroffen! Meine Mutter musste ihre Blutdruckpillen nehmen. Die hatte immer eine so hohe Meinung von Ihnen! Was hat sie immer geschwärmt, was Sie da immer mit den Kindern so toll in der Kirche gemacht haben. Aber jetzt das. Das ist unglaublich! Und ich erwarte, ja, ich er-war-te von Ihnen, dass Sie mich regelmäßig über den Leistungsstand meines Sohnes informieren! Wir lesen jedes Thema in der Bibel nach! Wie, ich kann das nicht erwarten in einem Nebenfach!? Ja, hallo? Ist das Ihr Job, oder meiner?

Meiner!? Ich muss mir als Mutter also wirklich von jeder Lehrerin die Informationen selber einholen, wenn sich mein Kind derart verschlechtert? Ja, ich rege mich auf! Sie sehen das ja sehr locker! Hat Samuel Sie nächstes Jahr eigentlich immer noch in Religion? Aha, na das kann ja was werden!

Und wie ist es in Musik? Was bekommt er da?

WIE BITTE!??