Innovationen und Prokrastinationen

In diesen Herbstferien, deren Beginn ich in der Tat herbeigesehnt habe wie lange nichts, entschließe ich mich dazu, etwas erregend Neues auszuprobieren:

Ich arbeite nicht*.

Stattdessen probiere ich das Modell entspannte Mutter. Ich nehme Verabredungen mit dem Miniweh gemeinsam wahr und trinke Kaffee mit Kindergartenmüttern. Das ist übrigens gar nicht schlimm. Wie ich bei meinen umfangreichen Recherchen feststellen konnte, verfügen alle Haushalte außer dem unseren über professionelle Kaffeehausmaschinen, deren Aufschäumkapazitäten wahrhaft beeindruckend sind, und die nicht nur hervorragenden Milchschaum produzieren, sondern dabei auch noch täuschend echt die Startgeräusche eines mittelgroßen Düsenjets imitieren. Bemerkenswert! Mit dem größeren Wehwehchen kuschle ich mich abends einigermaßen gemütlich (in der Pubertät beginnen Extremitäten irgendwie sperrig und kantig zu werden) auf das Sofa und schaue Filme, die uns sogar beiden gefallen. Tagsüber mache ich Musik an und führe konzentriert Küchenexperimente durch, die, um bei der Wahrheit zu bleiben, nicht alle gelingen, mich aber mit produktiver Freude erfüllen. Entzückt nehme ich dabei wahr, dass zerfallenes und überwürztes Gemüse immer noch zur Suppe taugt, die ohne Murren von allen Familienmitgliedern gegessen wird. Hauptsache es gibt ausreichend Baguette dazu. Die Kuchen, die ich zur Zeit backe, wären vom Kaloriengehalt sicherlich geeignet, um unsere Familie über einen langen, harten Winter zu bringen. Soulfood vom Feinsten, aber offensichtlich ist es genau das, was ich jetzt brauche. Letztes Wochenende habe ich Freunde von uns in stummes Erstaunen versetzt, als ich während eines gemütlichen Kaffee-und-Kuchen-Plauschs ganz selbstverständlich drei große Stücke Schokokäsekuchen verdrückt habe. Den ganz bösen mit Frischkäse und Sahneschokoguss. Boah, war der lecker! Ich lese viel und zwischendurch umkreise ich immer wieder die Frage danach, ob das, was ich für Schule leiste, noch für alle Beteiligten verträglich ist. Denn das ist die eigentlich große Sache, die ich mir für die Ferien vorgenommen habe: Das Nachdenken darüber, wie viel Einsatz ich auf Dauer bringen kann und möchte. Aber das ist eine ernste Sache und passt mir heute nicht ins Posting. Stattdessen bereite ich mich mental auf das anstehende Schnitzelessen bei meiner Schwiegermutter vor (hähä, Herr Weh, das habe ich nur für dich geschrieben!) und backe den ersten Gewürzkuchen des Jahres. Hoffentlich birgt euer Tag ähnlich Schönes?

Es grüßt euch herzlich

Frau Weh

*Ok, fast nicht. Ich meine, natürlich musste ich das Laternenmaterial bestellen und die Mathearbeit nachgucken. Und wann, wenn nicht jetzt, hätte ich die Zeit, mit diesem Psychologen und dem Ergotherapeuten, den man nie erwischt, zu telefonieren? Häh? Na also!

12 Kommentare zu „Innovationen und Prokrastinationen

  1. Lass es dir weiter gut gehen, liebe Frau Weh, in deinen wohlverdienten Ferien! Meine Ferien sind leider nicht ganz so entspannend – wir versuchen umzuziehen (von einem 2-Familienhaus in ein Einfamilienhaus, denn die großen Kinder verlassen Stück für Stück ihr Elternhaus). Und ich glaube ich brauche danach wirklich Ferien, wenn die Schule wieder anfängt ;). Liebe Grüße und schöne Ferien wünscht Heike

  2. Liebe Frau Weh, ich verfolge deinen Blog seit einiger Zeit mit viiieel Mitgefühl einerseits und andererseits mit Hochachtung vor dem was du so leistest. Ich als „auch-Lehrerin “ finde dein Ferienprogramm GENAU richtig. Abstand muss sein und schließlich gibt es noch ein Leben neben der Schule!!! Ich würde gerne noch einen persönlichen Vorschlag machen, aber lieber per Mail. Hast du Interesse? Meine Mailadresse hast du ja
    😀 LG Nicole

  3. 🙂 Du bist toll! Was würde ich nur ohne deine Seite machen? Ich bin sicher, du solltest deine Herbstferien zur Ausgangsbasis für alles schulisches Tun machen – es lebe der Käsekuchen! Hör bloß nie auf zu schreiben, mit dir gibts immer was zu lachen 🙂

  4. „Das Nachdenken darüber, wie viel Einsatz ich bringen kann und möchte.“ — ja, das ist hier auch immer wieder Thema. Wirklich zufriedenstellend kann ich es für mich noch nicht beantworten, aber ich habe definitiv meine Prioritäten hin zu meinen eigenen Kindern geschoben, da ich mir klar darüber wurde, dass ich es mir selbst nicht verzeihen können würde, wenn ich später zurück sähe und dann lauter verpasste Momente sehen würde.
    Liebe Grüße!

  5. Es klingt alles so schön… aber wir Leser ahnen, dass bald das Ergebnis deines Nachdenkprozesses kommt, ich für meinen Teil bin gespannt. Und jetzt überlege ich, wo ich ein paar Kuchenkalorien herbekommen könnte… Käse-Schoko-Sahne, klingt soooo lecker!

  6. Ich wünsche dir von ganzem Herzen wunderschöne Ferien mit vielen guten Gedanken und möglichst viel Abstand zur Schule, erhole dich, so gut wie es geht!
    LG Malzi

  7. Liebe Frau Weh, schön, wieder von Dir zu lesen! Ich wünsche Dir schöne und erholsame Herbstferien (ich hab die nach 7 Wochen erste Klasse auch herbeigesehnt😉).
    Ich wollte Dir schon immer mal sagen, dass Deine Posts mir immer wieder Inspiration für meine eigene Arbeit sind. Du schaffst es, den Kindern zu vermitteln, dass sie Dir eine Freude sind, trotz aller Umstände und Widrigkeiten (siehe Apfelzeit)… Deine Gedanken zeugen davon, dass Du die Kinder und Deine Arbeit gut im Blick hast, den Überblick nicht verlierst, Dich selbst kritisch einschätzen kannst. Jetzt gerade scheint es Dir nicht gut zu gehen, dennoch möchte ich Dir sagen: bleib so bei Dir und bei den Kindern, ich finde, Du machst das großartig. Danke für all Deine Gedanken und die tausend kleinen Mutmacher, die Du hier hinterlässt! Liebe Grüße von Esther

  8. Applaus!!! So, eine vorbildliche Lehrerin, die sich in den Ferien auch mal ein wenig erholt! 😉 Diese Auszeit von der Schule nehme ich mir auch für die nahenden Herbstferien bei uns vor….ne, ehrlich! Ich WILL es schaffen, mich zu entspannen! Puhhh, dass wird ein hartes Stück Arbeit! 😉 Genieß deine Zeit und so viele Kuchenstücke wie in den Lehrkörper reinpassen! 🙂

  9. Liebe Frau Weh,
    es tut immer wieder gut bei dir zu lesen, weil man immer das gute Gefühl bekommt: Ich bin mit meinen Zweifeln, Gedanken, Überlegungen und Gefühlen nicht alleine. Und von Zeit zu Zeit müssen wir in unserem Beruf wirklich innehalten und überlegen, wieviel kann ich noch geben und leisten, ohne dass ich selber und/oder meine Kinder/ Familie total auf der Strecke bleiben. Vor allem wenn man mit soviel Herzblut und Leidenschaft dabei ist wie du. Deshalb sind Herbstferien mit Käsekuchen und „Nichts- Tun“ extrem wichtig :-)!!!!

  10. Oh, Gewürzkuchen! Den liebe ich! Könntest Du uns (bittebitte) Dein Rezept verraten? Bisher waren alle Kuchen, die ich nach Deinen Rezepten gebacken habe, so superlecker… und ein richtig gutes Gewürzkuchenrezept hatte ich noch nie… Bitte! 🙂
    Im übrigen wünsche ich Dir (selbstverständlich) auch, dass Du Dich erholen kannst und mit Deinem Nachdenken zu guten Ergebnissen kommst. Es ist so wichtig, mit seinen Kräften hauszuhalten – aber auch so schwierig…
    Hoffentlich kommst Du nicht zu dem Schluss, diesen Blog aufgeben zu müssen!
    Ganz liebe Grüße!!! sendet Mascha (die sich noch eine Woche lang auf die Herbstferien freuen kann)

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