blubb, blubb, weg war sie!

Ich liege in der Badewanne und analysiere meinen Zustand. Das dauert eine Weile, muss ich doch zunächst kichernd dem Badewannenspielzeug des Miniwehs beim Untergang zusehen. Nachhelfend stipse ich das Duploboot mit dem dicken Zeh an bis es endlich sinkt. Fröhlich intoniere ich das herzzereißende Thema von Titanic und komme zu dem Schluss, dass ich zwar nicht hackedicht, wohl aber ordentlich beschwipst bin. Immerhin hat die Angelegenheit Stil: Nicht nur, dass ich den Secco (Granatapfel!) aus einem wirklich schicken Glas trinke, nein, er hat auch noch den gleichen Farbton wie das Badewasser („mach’s dir schön“… oder so stand auf der Packung). Da Herr Weh keine Zeit hat, weil er sich in einem archaisch-maskulinen Rollenspiel behaupten muss, habe ich mich in die einsiedlerische Ruhe des Badezimmers zurückgezogen und freue mich des Lebens. Wenn man mangels Gelegenheit so wenig Alkohol zu sich nimmt wie ich, hat man das Vergnügen, sehr schnell in einen Zustand giggelnder Glückseligkeit zu geraten.

So dümple ich also zwischen roséfarbenen Schaumwölkchen und grabbeligen Badeenten und proste mir selber zu. Ich trinke auf den Februar, diesen elenden, blöden, jämmerlichen Monat. Ich trinke darauf, keine perfekte Mutter zu sein und eine bisweilen unerträgliche Ehefrau. Ich trinke auf hohe Ansprüche und tiefe Erkenntnisse. Auf Kinder, die lieber Kekse statt Mittagessen essen und auf die erste 4 in Latein.

Ein Blick in den Spiegel zeigt mir, dass der Alkohol zu wirken beginnt. Meine Wangen sind rot, meine Nase leuchtet und ich habe diesen leicht fragwürdigen Zug um den Mund, der vermuten lässt, dass mein Genmaterial dem des Knäckebrots verwandter ist, als jedem Primaten.

Mir doch egal!, denke ich und nehme noch einen Schluck. Wo waren wir? Ach ja, der verf…luchte Februar! Nimm dies und dies, du erbärmlicher Versuch eines Monats. Nur 28 Tage kurz, aber mit den großen Hunden spielen wollen! Pfffft!!! In Ermangelung eines Trinkpartners stoße ich mit der Badewannenarmatur an. Das Ping klingt wie eine gute Unterrichtsidee. Leider verfliegt sie augenblicklich und lässt mich alleine zurück.

Ich schiebe die Unterlippe vor und fühle mich plötzlich niedergeschlagen. Will ich wirklich zu viel? Andere kriegen es doch auch hin!? Bevor ich mich allerdings in alkoholgeschwängertem Selbstmitleid suhlen kann, ziehe ich schnell einen Strohhalm aus dem Spielzeugeimer. Ich mache jetzt in Wellness und puste mir meinen eigenen Whirlpool! Blurpsblurpsblurps die kleinen Blasen machen lustige Geräusche. Ob ich es schaffe, die ganze Wanne vollzublubbern? Tief atme ich ein, den Strohhalm noch im Schaumberg, und ziehe eine ganze Ladung Seifenblasen in meine Luftröhre. Hörks! mache ich erschreckt und beginne augenblicklich zu husten. Durch den plötzlichen Wirbel sinken auf einen Schlag alle Badeenten und Wasser schwappt über den Rand. Glücklicherweise brauche ich mich nicht darüber zu ärgern, ich ersticke ja gerade. Was, wenn ich jetzt vor lauter Husten untergehe und ertrinke – benebelt wie ich bin setzen vermutlich alle lebenserhaltenden Reflexe aus? Nee!, denke ich und setze mich kerzengerade auf, das kommt nicht infrage, am Mittwoch hat Tchibo Bastelsachen! Ein wichtiger Termin für das Miniweh und mich.

Entschlossen verlasse ich die Badewanne und rubble mich trocken. Dabei kommt mir das letzte Posting in den Sinn und ich beginne mit Tiefenatmung, um meine Luftröhre wieder mit ihrer eigentlichen Aufgabe zu versöhnen. Ich klinge wie ein hyperventilierender Rollmops und muss prompt wieder kichern. Meine Güte, was bin ich heute komisch! Also Herr Weh kann wirklich richtig froh sein, dass er an so jemand Humorvollen wie mich geraten ist! Ich überlege kurz, ob ich ihm einen Überraschungsbesuch abstatten soll – schließlich hatte jede große Schlacht ihren Biwak! – fürchte aber, dass ich die furchtbar alte und furchtbar schmale Treppe in meinem Zustand vielleicht nicht mehr gut hoch, aber umso besser wieder runterkullern würde und entscheide mich dafür, im Bett auf ihn zu warten. Da wird er sich aber freuen, wenn er mich noch wach vorfindet. Jawoll, ich werde ihm von meiner Whirlpoolerfindung erzählen! Zufrieden steige ich ins Bett und lege den Strohhalm vorsichtig auf dem Nachtschränkchen ab. Na, der wird staunen! Ich könnte aber vielleicht doch schon mal das Licht löschen…?

Am nächsten Morgen erzählt mir Herr Weh, dass ihm zwar kein Lichtstrahl, wohl aber ein leichtes Schnarchen den Weg ins Bett gewiesen habe. Ich hätte eine kleine Fahne gehabt, ansonsten aber niedlich ausgesehen mit dem Strohhalm in der Hand und der gerunzelten Nase. Hach ja, so viel zum Thema Verführung mit Strohhalm…

Gedanken

Ich bin immer wieder verblüfft, wie schnell die Wochen vorbeiziehen. Obwohl oder gerade weil so vieles passiert. In den letzten Tagen aber immerhin nichts von größerem Drama. Die Wehwehchen erholen sich vom Kranksein und ich stelle Möbel um. Das hat bisher noch immer geholfen!

Für mich hat Möbelrücken ähnlich wie Kuchenbacken etwas durchaus Beruhigendes. Früher hätte ich dann bei der Gelegenheit direkt noch die ein oder andere Wand gestrichen, heute lasse ich das sein (vielleicht, weil Möwenkackegrau einfach DIE perfekte Farbe ist?) und bitte stattdessen Herrn Weh, mir beim schweren Küchenschrank zu helfen. Überhaupt, dieses um Hilfe Bitten… ein weiterer Schritt im Februarplan und hopps bin ich wieder auf Kurs. In den vergangenen Tagen habe ich mich im Absagen und Annehmen geübt. Könnt ihr das gut?

Ich drücke mich gerne um solche Dinge und hoffe, dass sie sich von alleine erledigen, was sie naturgemäß nicht tun. Aber da dieses Jahr ja alles einiges anders wird, habe ich mich aufgerafft und drei Abos gekündigt, außerdem einen neuen Ballettkurs ausfindig gemacht und für besser befunden. Nun werde ich der wirklich ganz reizenden Tanzlehrerin mitteilen, dass ich den Kurs wechseln werde, was mir schon Tage vorher ein kolossal schlechtes Gewissen beschert. Aber wie Herr Weh richtig sagt, kann ich nicht aus Mitleid als einziges Mitgleid einen ganzen Kurs finanzieren und so übungsintensiv eine Einzelstunde auch sein mag, ich wollte doch auch ein bisschen Spaß haben! Dass man in der Gruppe deutlich mehr davon hat, als einsam, alleine (und zunehmend irre) seine Kreise zu ziehen, weiß doch jeder, der mal Schwanensee oder wenigstens Natalie Portman im Black Swan gesehen hat.

Für meine Viertklässler läuft die Anmeldephase der weiterführenden Schulen. Es ist interessant zu sehen, wie viele Eltern sich tatsächlich an die Empfehlung halten (was sie in NRW nicht müssen) und welche Schüler deutlich im Arbeitsverhalten nachlassen, haben sie erstmal den Platz am Gymnasium sicher. Eine kleine Verschnaufpause gönne ich ihnen, zumal Karneval vor der Tür steht, danach lassen wir es ordentlich mit Grammatik krachen. Parallel dazu beginnen wir mit den Vorbereitungen für unsere Abschlussfeier. Eine Stunde buntes Bühnenprogramm steht an mit Pantomime, Zaubertricks, Liedern, einem „Das weiß doch jedes Kind!“-Quiz gegen die Eltern und etlichem mehr. Gute Ideen nehme ich gerne entgegen!

Es ist ein seltsames Gefühl den Abschied vorzubereiten; nicht nur den der Kinder, auch für mich steht vermutlich nach den Sommerferien der Wechsel an. Genaueres erfahre ich erst kurz vor Schuljahresende. Bis jetzt weiß ich noch nicht einmal, ob der Antrag überhaupt angenommen wurde. Natürlich gibt es die ein oder andere Wunschschule auf meiner Liste, aber ich versuche, mich davon zu lösen und jeden Wechsel als willkommen anzusehen. Letztendlich ist es ja so: Ein ganzes Stück weit hat man es selbst in der Hand, wie es wird. Und zumindest die harten Fakten sprechen für mich – jede Grundschule freut sich über Fachmusiker! Trotzdem bange ich natürlich zwischendurch auch. Wird es ländlich-beschaulich werden oder eher eine Brennpunktschule? Habe ich es mit Helikopter-Eltern oder mehr mit dem Jugendamt zu tun? Wird es einen Musikraum geben? Ein Klavier? Wenigstens ein Keyboard? Werde ich eine Klasse bekommen oder als Fachkraft verheizt? Wie wird die Schulleitung sein, wie das Kollegium? Einmal mit Grübeln angefangen, ist es schwer, sich wieder davon zu lösen. Aber glücklicherweise bietet der Schulalltag ja nicht zu viel Leerlauf, also stürze ich mich in die Planungen für meine Klasse, genieße das ruhige Arbeiten mit den Viertklässlern und denke bei jedem Zusammenstoß mit Frau Schmitz-H., dass unsere gemeinsamen Tage gezählt sind. Ja, das lässt mich lockerer werden.