Bah, Frau Schmitz-H.!

Freitag, Klassenrat bei den Drittklässlern.

„Ich beantrage, dass wir nie wieder zu Frau Schmitz-Hahnenkamp müssen, wenn Frau Weh krank ist!“, Katharina liest mit fester Stimme weiter von ihrem Zettel ab, „Mitunterzeichnet haben Celina, Schmitti, Kai, Marc, Benedikt, Jeanette, Friederike, Alina und Jonas.“

Allgemeines Murmeln und Nicken drückt die Zustimmung der anderen Drittklässler aus. Ich bin überrascht, halte mich aber an die Regeln und warte, bis ich von Friederike, die heute den Klassenrat leitet, drangenommen werde.

„Was ist denn los?“

„Sie mag uns nicht! Sie mag uns wirklich nicht!“, betont Alisa auf meine zweifelnd angehobene Augenbraue hin. „Immer sagt sie, dass ihre Klasse viel toller ist als wir!“

„Und leiser!“

„Und besser!“

Aufgebrachte Zwischenrufe werden laut. Friederike muss für Ruhe sorgen und macht dies erstaunlich souverän. Ich muss mir unbedingt merken, ihren Eltern zu berichten, wie toll sie sich als Klassensprecherin macht!

„Wenn wir einen Fehler beim Abschreiben machen, dann müssen wir das immer korrigieren!“, Schmittis Empörung ist grenzenlos.

„Das müsst ihr bei mir auch.“

„Aber bei dir müssen wir das Wort nur im Wörterbuch suchen und dreimal richtig schreiben. Bei Frau Schmitz-Hahnenkamp müssen wir DEN GANZEN TEXT neu schreiben. Das ist voll gemein!“

„Sie reißt Seiten aus den Heften aus!“

„Und macht SOOOO große Kringel um die Fehler!“ Mehrere Paar Hände malen gigantische Kreise in die Luft.

Die Stimmung im bis eben sehr diszipliniert durchgeführten Gremium droht zu kippen. Die Drittklässler lassen ihrem Ärger über die als ungerecht empfundene Behandlung seitens der Kollegin freien Lauf. Zwar kann ich sie verstehen, es ist allgemein bekannt, dass Frau Schmitz-Hahnenkamp lediglich eine einzige Klasse wirklich mag – die eigene, aber dennoch bin ich der Meinung, dass die Schüler akzeptieren müssen, dass andere Lehrer andere Methoden vertreten.

„Und dann ist es auch noch so“, die kleine Jeanette wird puterrot und schnappt nach Luft, „dann ist es auch noch so total fies, wenn man was falsch macht. Dann streichelt sie nämlich einfach die ganze Seite!“

Überrascht halten die Drittklässler in ihrem Gemurre inne und starren Jeanette an, deren Wangen daraufhin die Farbe vollreifer Tomaten annehmen. Auf einen Schlag löst sich die Anspannung der letzten Minuten und ein großes Gelächter macht sich breit. Auch Jeanette, die ihren Fehler mittlerweile bemerkt hat, stimmt ein. Schnell wird der einstimmige Beschluss gefasst, dass ich ein Gespräch mit Frau Schmitz-Hahnenkamp führen soll.

Immer noch grinsend schreibt Schmitti ins Protokoll: „Wir beschließen einstimmig, dass sich die Frau Weh mal um die Frau Schmutz-Hahnenkampf kümmern soll!!!“ Den Verschreiber übersehe ich beim Korrekturlesen des Klassenratsprotokolls ebenso großzügig wie den kleinen Totenkopf, den er daneben gekritzelt hat.

Ich streichle lediglich kurz über die Seite.