Krank

Jetzt ist es passiert. Ich bin krank, schuljahresendkrank. Das kenne ich schon. Passiert mir häufig vor den Ferien. Mir schmerzt dann der Kopf und der Hals und wieder der Kopf. Insgesamt fühle ich mich matschig und verschleimt.

Herr Weh meint, ich soll morgen mal zu Hause bleiben, aber Herr Weh hat ja keine Ahnung davon, was das für den Tag danach bedeutet. Das wäre ein hoher Preis. Mein Lehrerpult wäre total durcheinander, alles würde in der Klasse herumfliegen, die Kinder wären außer Rand und Band und heftigst empört über die Ungeheuerlichkeit, dass ihre Frau Weh sie einen Tag im Stich und der unbeliebten Klassenaufteilung oder gar der noch unbeliebteren Frau Schmitz-Hahnenkamp überlassen hätte. Die Kolleginnen würden mit dieser Mischung aus mitleidigem Interesse („na, geht es denn wieder?“) und Kämpfergeist („ich halte ja noch irgendwie bis Freitag durch!“) auftreten und außerdem kann ich morgen nicht fehlen, schließlich haben wir Orchesterprobe in der Kirche. Der Pastor kommt extra um uns die Kirche aufzuschließen. Das Schulorchester hat diese letzte Probe vor dem Abschlussgottesdienst noch so nötig. Und Konferenz haben wir auch. Natürlich. Zu besprechen gibt es ja immer was.

Also ich bin definitiv unabkömmlich. Das ist ja auch so eine Krankheit von Grundschullehrern. Wichtig sein. Natürlich ginge es im Notfall auch ohne meinen persönlichen Einsatz. Ich hatte mal einen Blinddarmdurchbruch, da war ich ganze drei Wochen nicht in der Schule. Ging auch irgendwie. Als ich wiederkam fehlten allerdings drei Kolleginnen und ich musste andauernd mit zwei Klassen gleichzeitig arbeiten. Pfffft… alle Erholung dahin.

Also werfe ich stattdessen einen Blick in das Wehsche Arzneimittelschränkchen. Es gibt eine ganze Menge rezeptfreier Grippemittel. Die Wirksamkeit ist umstritten, unumstritten hingegen ist die Tatsache, dass die Dinger gut ins Geld gehen und in der Regel nicht soviel mehr Inhaltsstoffe aufweisen als eine starke Tasse Kaffee, ein Löffel Vitamin C-Pulver und eine Kopfschmerztablette. Ein einziges Mal dachte ich, ich hätte ein Zaubermittel entdeckt. Es handelte sich um das Kombipräparat einer bekannten Schmerzmittelmarke. Schon kurz nachdem ich das in Wasser gelöste Granulat zu mir nahm, ging es mir merklich besser. Ich fühlte mich sogar überraschenderweise recht gut. So gut, dass ich kurze Zeit später trotz Nacht ohne Schlaf vor meiner Klasse stehen konnte. Sogar so etwas wie Unterricht war möglich.

Es ging gut bis zur Pause. Dann begannen Schüttelfrost, Pulsrasen und Schwitzattacken. Fairerweise muss ich sagen, dass diese Nebenwirkungen das eigentlich Problem – Fieber und verstopfte Nebenhöhlen – gänzlich überdeckten. Tatsächlich konnte ich mich aber kaum noch auf den Beinen halten und bekam Panikattacken, weil mein Herz Hopser machte. Mittlerweile weiß ich, dass ich Pseudoephedrin offenbar nicht gut vertrage. Wäre ich olympischer Schwimmer, wäre ich wohl wegen Dopings mit Schimpf und Schande aus dem Kader entlassen worden. So habe ich mich dann nur nach Hause gequält und geschlafen. Überhaupt das beste Mittel. Kommt leider oft ein bisschen zu kurz. Aber in den Ferien werde ich drei Tage einfach durchschlafen. Mindestens.

Und jetzt mache ich mir einen Tee, wickle mir einen Schal um den Hals (fest, nicht lässig) und suche was gegen Augenringe.

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