Oh(r)weia!

„Frau Weh? Hören Sie mich? Es wird Ihnen gleich etwas schwindelig.“

Örks.

Ich liege im Dunkeln in einem Untersuchungszimmer. Auf der Nase eine Frenzelbrille, die mich vermutlich nur bedingt attraktiver macht, und im Ohr einen Stöpsel, der mir penetrant kalte Luft in den linken Gehörgang pustet. Schwindelig ist gar kein Ausdruck. Es fühlt sich an, als würde mein Innenohr nach außen gestülpt. Mir ist schlecht, der Schweiß steht mir auf der Stirn und meine Pupillen tanzen hin und her. Dr. Paukenröhre sitzt neben mir und erläutert mir begeistert, dass sich mein Vestibularapparat verhält wie frisch aus der Facharztprüfung. Alles wie aus dem Lehrbuch! Toll! Ich habe Mühe, seine Begeisterung zu teilen, denn nun muss ich zwei Minuten auf einen imaginären Punkt in der Dunkelheit starren, was mit tangotanzenden Pupillen gar nicht so leicht ist. Aber hey, das ist eine Prüfungssituation, da strenge ich mich an!

Ich habe Dr.Paukenröhre wegen Schwindels aufgesucht. Der sucht mich nämlich derzeit heim und lähmt meine Leistungsfähigkeit doch arg. So arg, dass ich in Dr.Paukenröhres 90 Minuten-Hardcore-Astronautentraining eingewilligt habe. So langsam kommen mir jedoch Zweifel, ob es hier noch um meine persönliche medizinische Vorgeschichte geht, oder ob Dr.Paukenröhre mich gerade zu seiner Lieblingspatientin erkoren hat, weicht er mir doch seit den Ergebnissen der Hörtests (die noch von seiner Angestellten erledigt werden durften) nicht mehr von der Seite. Tonschwellenaudiometrie, Impedanzaudiometrie, otoakustische Emissionen – alles super. Hach, was sag ich, bestens! So schöne Kurven. Nun, wer lässt sich das nicht gerne sagen. Einigermaßen geschmeichelt nehme ich also meine Position für den Romberg und Unterberger-Tretversuch ein, der mich übrigens eklatant an die Übungen erinnert, die die Sonderpädagogin gerne bei Förderschulverfahren abprüft. Aber auch den bestehe ich ohne Beanstandung.

Jetzt hüpft der HNO-Arzt aufgekratzt vor mir auf und ab und hält mir begeistert einen Computerausdruck unter die blasse Nase, meine horizontalen Bogengänge seien wirklich außerordentlich erregbar. Mann, hab ich tolle Ohren!

Zwei Stunden später fühle ich mich als hätte ich gerade beim Ironman teilgenommen. Was denn nun der Grund für den Schwindel sei, möchte ich wissen. „Ach“, wedelt Dr.Paukenröhre meine Sorge beiseite es könne sich um eine Schädigung des Gehörs handeln, „Ihr Gehör und Gleichgewicht sind fantastisch, sehr empfindlich zwar, aber ein peripher-vestibulärer Schwindel kann klar ausgeschlossen werden. Ihr Blutdruck hingegen… treiben Sie Sport?“

„Ähm… zu wenig?“, ich erinnere mich an die leichte Staubschicht auf dem Crosstrainer und merke wie mich eine leichte Röte überzieht. Schön, bin ich wenigstens nicht mehr kalkweiß.

„Tja, Ihr Blutdruck liegt bei 90 zu 50, das ist niedrig. Ich empfehle Ihnen ein intensives Bewegungstraining im Rahmen sportlicher Aktivität.“

Als ich aus der Praxis wanke und mir ein Brötchen kaufe überlege ich bereits, wie und wann ich – verdammt noch eins! – auch noch Ausdauersport in mein bereits ziemlich ausgefülltes Leben packen soll. Tipps nehme ich dankend entgegen!

 

0 Kommentare zu „Oh(r)weia!

  1. Schön, dass du bis auf den Blutdruck gesund bist! 🙂 Bis vor kurzem hab ich auch gedacht, niemals noch Sport in meinen Terminkalender zu bekommen. Aber ich hab festgestellt, dass es tatsächlich funktioniert, eine Stunde am Tag ist gar nicht so viel, wie es sich anhört!
    Also musst du dich nur motivieren! 🙂 Viel Erfolg!

  2. Liebe Frau Weh, es muss keine Stunde am Tag sein. Für den Anfang reicht auch nur 2xpro Woche. Ich wollte auch nicht glauben, dass das geht, dann habe ich mir einen festen Termin gesetzt und mir ein paar Leute gesucht, die mitmachen. So kann ich den inneren Schweinehund besser totschlagen! Der ist nämlich immer noch ganz groß, aber mittlerweile gewinne ich meistens gegen ihn. Viel Glück und Spaß!!!!

  3. Ach, ich hab den niedrigen Blutdruck auch (und den Schwindel hatte ich besonders in der Schwangerschaft). Meine Hebamme riet mir sogar, Kaffe & Cola als Medizin 🙂 (<–mir! die nie sowas trinkt!) Nun habe ich mit Laufen begonnen und irgendwie lässt sich 2-3 mal (manchmal auch nur einmal) pro Woche eine halbe Stunde reinquetschen. Ich höre dabei Podcasts.

    1. Ich glaube, man muss es einfach machen, irgendwie passt es dann auch. Aber leicht finde ich es nicht, hat der Tag doch sowieso oft zu wenige Stunden.

    1. Ich weiß, Jürgen, ich habe die bessere Variante erwischt. Zumindest die gesündere. Vermutlich würde ich umfallen, wenn ich einen Betablocker nähme.

  4. Oh, Schwindelattacken kenne ich. Leider ist es bei mir das Innenohr und damit der Gleichgewichtssinn. Nicht zu empfehlen. Die Untersuchungen habe ich auch durchlitten und war froh, als ich wieder vor der Tür stand. Den Schwindel trage ich jetzt seit 12 Jahren mit mir herum und wünsche dir von ganzem Herzen, dass es bei dir schneller vorüber geht und auch nicht wiederkommt.

    1. Das klingt schrecklich! Wie kommst du denn damit im Alltag klar? Nimmst du Medikamente oder gibt es Therapiemöglichkeiten? Ein ganz normales Leben lässt sich so doch kaum führen? Alles Gute!

  5. Hat er auch Lagerungsschwindel ausschließen können, den hat mein Papa nämlich gehabt. Tritt vorwiegend ab dem 50. Lebensjahr auf, kann aber auch früher passieren. Ist relativ leicht zu beheben.

    Wann ist dir denn schwindelig. Wenn du aufstehst oder dich schnell drehst?

    1. Ja, ist ausgeschlossen. Das war der Start ins Astronautentraining. Ein paar Mal hintenüber kippen, geradeaus gucken usw. Alles ok.

  6. Neben zwei bezaubernden Kindern schaffe ich es auch kaum. Aber ich nutze einfach meine täglichen Wege für Sport (Ausdauer durch das Fahrrad- statt Autofahren, Kraft durch das Hochschleppen der Einkäufe,…) So kann ich Sport in meinen Alltag integrieren. Wer bietet noch mehr alltagstauglichen Sport?

    Viel Erfolg!

  7. Willkommen im Club, bei mir kommt der Schwindel vom Bluthochdruck (was zur Zeit bei unserer schulischen Situation keinem zu verdenken ist). Bei mir gesellt sich dazu aber immer mal wieder Nasenbluten, was dann mitten in der Stunde einsetzt und manche Kinder echt in Todesängste versetzt.
    Aber warum sollten wir auch nicht solche Situationen mit einem Lächeln schaffen 🙂 In diesem Sinne wünsche ich dir viel Kraft und Muse für die zusätzliche körperliche Betätigung (als wäre das Treppen steigen etc. nicht Sport genug 😉

    1. Das mit dem Nasenbluten ist aber auch furchtbar, wenn es so unvermittelt auftaucht, oder? Meine Klasse wäre außer sich :mrgreen:

  8. Oh ja, 90:50 ist auch mein Standard. Wöchentlich mind. einmal bums.
    – Hometrainer beim Lesen, Fernsehen, Nachdenken, …
    – Zum Einkaufen immer mit dem Rad oder zu Fuß
    – Schwimmen am Wochenende als perfektes Entpsannungsprogramm: erst Bahnen ziehen, dann Thermalbecken gammeln
    – im Dunkeln nochmal 30 min raus und die Ruhe und frische Luft genießen: im schnellen Schritt, Berg und Wald ist besonders anregend im Dunkeln …
    – regelmäßig trinken! Im Zweifelsfall aus ’nem 0,2l-Fläschchen 😉

    1. Herr Weh verneint eine Unterernährung. Da er dies allerdings mit einem anzüglichen Grinsen verbindet, habe ich ihm die Antwort untersagt!

  9. Hallo Frau Weh,
    ich kann mich der guten Tipps von oben anschließen – und dir einen Hund empfehlen!
    Aktuell habe ich ein größeres Exemplar hier zu Hause, was schnarchend neben mir liegt!
    Gleich gehts aus an die frische Luft und damit habe ich meine tägliche Frische Luft samt Bewegung – im Moment satte 3 – 4x am Tag. Da mein Mann im Ausland ist darf ich für 3 Wochen seine Morgenrunde übernehmen – eine sehr furchtbare Vorstellung, morgens VOR der Schule noch im Dunkelnen und Kalten durchs Dorf und den Wald zu laufen – aber ich stelle fest, wenn ich es erstmal geschafft habe das warme Bett zu verlassen, ist es herrlich durch die Dunkelheit zu laufen und den Sonnenuntergang in seinen ersten Minuten zu erleben!

    Nun gut – bleiben wir realistisch – mit Kindern und Job – würde ich mir das mit dem Hund auch zweimal überlegen!
    Aber was hälst du von einem regelmäßigen Besuch im Tierheim – die Hunde dort freuen sich in der Regel über Gassigeher – und man lernt die Tiere kennen – bewegt sich, tut was Gutes – und die Kids freuen sich ebenfalls.

    Aber Achtung – so fing das bei uns auch an – aus der Sonntagsrunde wurde die tägliche Tierheimrunde – und seit 2 Jahren haben wir das schnarchende, bellende, pupsende vierbeinige Wesen total lieb – und es ist unser! 🙂

    Schönes Wochenende – und Gute Besserung – Vanessa

    1. Wir hatten früher einen Boxer, der konnte auch extrem pupsen! Er fraß immer Pansen (würg!) und konnte Autofahren schlecht vertragen. Keine gute Kombination.
      Aber es ist, wie du sagst, ein Hund ist zur Zeit einfach nicht drin. Höchstens noch ein Goldfisch 😉

  10. Solange der Doc nichts findet was auf eine ernsthafte Erkrankung hinweist würde ich sagendas ist der Stress, der Lautstärke und Verspannung. Der macht mit der Zeit das Hirn zu Matsch und den Körper zu einem Kreisel. Die Pharmaindustrie hat zum Glück „vertigoheel“ erfunden, frag mal in deiner Apotheke nach.

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