Über den g-Wert des Wiedersehens

Tatsächlich gibt es auch in der Grundschule Tage, die sanft plätschernd und kurzweilig an der jeweiligen Lehrkraft vorbeiziehen. An denen alles reibungslos und ohne größere Katastrophen läuft. Andere Tage ziehen sich wie Kaugummi und lassen den Vormittag endlos erscheinen. Endlich Pause, endlich letzte Stunde, endlich vorbei.

Und dann gibt es da noch den ersten Schultag nach den Ferien.

Achterbahnen erreichen mittlerweile eine g-Kraft von 6, was bedeutet, dass der Körper durch Beschleunigen oder Bremsen das Sechsfache seines Gewichtes aushalten muss. Versuche haben ergeben, dass dabei ein Puls über 200 keine Seltenheit darstellt. Der Blutdruck steigt, Adrenalin wird freigesetzt. Schlussendlich erlebt man Endorphinausschüttung vom Feinsten. (Oder man übergibt sich anschließend in einen Blumenkübel. Ich kenne mich da aus.) Dabei spielt es eine Rolle, ob es sich um positive oder negative g-Kräfte handelt, in welche Richtung sie einwirken und wie lange der Körper ihnen ausgesetzt wurde.

Übertragen auf erste Schultage muss man als Hauptvariablen die Dauer der vorangegangenen Ferien, Schüleranzahl, das Schulbesuchsjahr sowie die Außentemperatur in Korrelation zueinander setzen, um eine valide Aussage über den g-Wert des Wiedersehens zu treffen. Nebenfaktoren wie der Gemütszustand der Lehrkraft, erfolgte oder nicht erfolgte vorherige Grundreinigung des Klassenraumes, pünktliche oder unpünktliche Bücherlieferung wirken ebenfalls mit ein, sind aber im Grundschulbereich lediglich zur Normierungsanpassung heranzuziehen. Hier ist die erfahrene Lehrkraft in der Regel größeren Kummer gewöhnt.

Ich gebe also

  • 6 Wochen Sommerferien
  • 30 Kinder
  • 3. Schulbesuchsjahr
  • 27,5 ° Celsius um 10.00 Uhr

ein, füge folgende Aspekte dazu

  • fehlendes oder fehlerhaftes Material bei einem Schülerdrittel
  • 5 zu verteilende Elternbriefe, alle dringend
  • ein Sonnenstich
  • eine verschimmelte Brotdose mit pelzigem, grünem Inhalt, drei niesende Kinder und anschließende Stoßlüftung
  • unbekannte Betreuungszeiten

bringe alle diese Nebenfaktoren auf den kleinsten gemeinsamen Nenner, subtrahiere den vormittäglichen Besuch der Fensterputzer, vernachlässige den Nervenzusammenbruch einer Kollegin, multipliziere das Ergebnis mit 587 mal Frau Weheee!? und komme somit auf einen heutigen g-Wert von …

… Drölfzilliarden.

Willkommen zurück! 🙂

 

 

 

 

48 Kommentare zu „Über den g-Wert des Wiedersehens

  1. Willkommen zurück! 😉
    Und ich dachte, nur ich war heut besonders entwöhnt und daher megaempfindsam.
    Da können wir uns wohl nur an dem Gedanken festhalten: Ab nächste Woche wird es wieder besser, weil wenigstens teilweise eingespielt.

  2. Welcome back! Ich musste herzhaft laut lachen beim Lesen 😉 Das spricht mir aus der Seele! Ebenso 3. Klasse, ebenso heiß, ebenso wuselig!
    Nicht zu vergessen, dass mein Butterbrot und meine Äpfel bis heute Mittag nicht angerührt im Korb lagen, weil in den Pausen so viel zu regeln war! Auf ein gutes Schuljahr!!! Lg Skeks

  3. Au weia, hier ist schon seit 13 Tagen die Wiedersehensfreude ausgebrochen und die Temperaturen bewegen sich umgekehrt proportional zur Schülermotivation stetig nach oben, was dann wohl noch immer keinen sich reduzierenden G-Wert ergibt. Aber ab September wird alles besser! Willkommen zurück im Alltagswahnsinn.

  4. Multipliziert mit Bauarbeitern, Umzugskisten und nicht fertig gewordenem Umbau der Schule 😉
    Und doch schön, sie alle wiederzusehen!

  5. Ich musste doch glatt mal nach „g-Wert“ googeln … Energiedurchlassgrad … Na, alles klar. Bei uns gehts erst am 5.9. los, aber gedanklich bin ich bei dir und euch …

  6. Danke!
    Das hat mir gut getan! Ich hab sehr gelacht und sehe dem zweiten Schultag morgen wieder etwas entspannter entgegen…

  7. 😂 wunderbar geschrieben! Ich multipliziere auch Bauarbeiter und unfähiges Putzpersonal… Dabei fangen wir erst am Montag an 😁 Schön, wieder von Frau Weh zu lesen 😍

  8. Die erfahrene Lehrkraft kippt vorher (!) noch Sägespäne in den Kübel, hab ich gehört ;-))
    Atmen, immer schön atmen,
    Kathrin 🙂

  9. Bei mir war es nicht ganz so „flippig“ – unser Schulstart liegt nun drei Wochen zurück und brachte nicht so heiße Temperaturen mit sich (Sonnenstich fiel damit weg). Glücklicherweise hatten wir gleich in der zweiten Woche eine Woche im Waldpädagogikzentrum. Zwischen den Workshops konnten sie also ihre überschüssige Energie und ihre dringenden Ferienerlebnisse auf großem Gelände austauschen. Für den Start ins neue (vierte) Schuljahr auch als Lehrkraft eine schöne Abwechslung.
    In diesem Sinne, eine gute erste Woche 🙂
    Viele Grüße,
    Yvonne

    1. Das mit der Woche im Waldpädagogikzentrum klingt interessant. Habt ihr euch bewusst für genau diesen Zeitpunkt entschieden?

      1. Ja, das findet bei uns üblicherweise in den ersten zwei Wochen zu Beginn der vierten Klasse statt. Es gibt aj so Traditionen, die bleiben über Jahre hinweg erhalten 🙂

      2. Und habt ihr das Gefühl, dass das vom Zeitpunkt her gut passt? Ich finde immer spannend, was in anderen Schulen läuft 😉

  10. Kichere hier vor mich hin.
    Und sage mal kurz: Ein Hoch auf den Humor. Ohne den wäre es manchmal … na, nicht auszudenken …
    Und schon bin ich wieder weg, hab ja noch zwei Wochen bis zu jenem ersten Schultag. Und froie mich schon.
    Lieben Gruß, Uta

  11. Liebe Frau Weh, schön, dass du wieder aus den Ferien zurück bist! Ich habe – mal wieder – herzlich gelacht. Schreib doch bitte bitte ein Buch, du bist einfach zu gut! Jede Lehrerin sollte eine Frau Weh im Regal haben. ❤

  12. Hab soeben meine beiden Drittklässler auf den Weg geschickt, erster Schultag Mitte September hat schon was 🙂 Und schon bin ich drin in meiner gewohnten Blog-Routine! Das mit der Brotbox ist aber ne Geschichte. Wir haben sowas durchaus schonmal übers Wochenende geschafft (genau genommen so einige Male), aber über die Sommerferien???
    Jedenfalls freu ich mich über eine weiteres Schuljahr irl und mit Frau Weh!

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