Staub, Schweiß und gute Laune

Ein Blick in das bis oben zugestopfte Innere meines Autos genügt: „Aha, Grundschullehrerin!“, sagt der Hausmeister wissend und zuckt mit den Schultern. „Das ist ja bei uns an der Gesamtschule nicht so.“

„Tja“, entgegnet der andere Hausmeister, „unsere Lehrerinnen sind total motiviert.“ Irgendwie klingt er ein bisschen stolz dabei. Es ist Mittwochmorgen und ich kann endlich in die neue Schule, um meinen Klassenraum einzurichten. Unterstützt werde ich dabei von zwei starken Männern, was mich zunächst etwas einschüchtert, mir aber zunehmend gut gefällt. Tatsächlich habe ich noch keinen Klassenraum in einer solchen Rekordzeit möbliert wie heute. Praktischerweise sind wir schnell beim Du und meine einzige Aufgabe besteht fürs Erste darin, mitten im Raum zu stehen und die beiden nach links oder rechts zu lenken. Ja, ich hatte schon deutlich schlechtere Vormittage. Mit allerbester Laune schieben sie mir die Regale mal hierhin, mal dorthin, um die bestmögliche Raumaufteilung herauszufinden. Dabei sind meine Wünsche nicht wirklich bescheiden: Leseecke, Computerecke, Deutschecke – bitte alles mit Regalen abgeteilt. Ein Vierzehnertisch, zwei Achtergruppen, massig Regale für das Freiarbeitsmaterial, dazu bitte noch einen abgeteilten Bänkchenkreis und das alles auf 65 qm. Ich habe selber nicht daran geglaubt, dass alles passt, aber irgendwie klappt es und – oh Wunder! – es sieht sogar gut aus. Die Hausmeister sind jedenfalls zufrieden und verabschieden sich, nicht ohne mir vorher ein Radio zu organisieren und mir das Versprechen abzunehmen, sie anzurufen, wenn ich weitere Hilfe bräuchte. Als sie weg sind, lasse ich mich auf einen Stuhl plumpsen und sende einen kurzen Dank ans Universum: Ich wollte nur einen Schulwechsel und bin offensichtlich im Hausmeisterparadies gelandet.

Derart beschwingt mache ich mich ans Auswischen der Regale und packe die zahlreichen Kartons aus. Wie es wohl werden wird, wenn der Raum voller Erstklässler sein wird? Vermutlich wird es brummen, denke ich mit einem Lächeln und stelle die Bücher ins Regal. Ich hänge die Willkommensgirlande auf und bringe Geburtstags- und Milchzahnkalender an der Wand an. Ohne mit der Wimper zu zucken hat mir einer der Hausmeister Hammer und Nägel besorgt. „Klopp mal ruhig rein, ich seh nix und ich hör nix.“ Noch ein paar Pflanzen auf die Fensterbank und es sieht freundlich und einladend aus. Mensch, denke ich, was haben wir doch für einen schönen Job!

Am frühen Nachmittag bin ich dreckig und verschwitzt, habe mir einen Finger gequetscht und einen blauen Fleck am Knie geholt. Was für ein toller Tag! 🙂

 

Alles neu

Also um das mal klarzustellen:

Ich habe mitnichten gestern nur so ein bisschen geräumt und Kaffee getrunken. Natürlich habe ich das auch getan. Aber in erster Linie habe ich – wie fast jedes Jahr – mal eben ein neues pädagogisches Raumkonzept entworfen. Wir wissen doch alle, wieviel Einfluss beispielsweise die Sitzordnung für den Lernerfolg eines Schülers ausmacht. Oder das Vorhandensein bestimmter Lernecken. Der Forschertisch! Die Leseecke! Die Farbe der Vorhänge! Das ist reines Feng Shui fürs Klassenzimmer.

Natürlich kann ich das nicht alles alleine machen (ich könnte schon, aber ich bin ja nicht mehr Mitte 20), da ist es gut, wenn das Verhältnis zum Hausmeister stimmt. Überhaupt, der Hausmeister! Liebe Referendare, liebe junge Kolleginnen, hier ein mütterlicher Rat: Knüpft eure Beziehungen Richtung Hausmeisterbüro und Sekretariat! Kolleginnen kommen und gehen, Chefinnen können so sein oder so. Die wirklich wichtigen Freundschaften sind die zu Hausmeister und Sekretärin. Un-be-zahl-bar! Ganz bescheiden darf ich an dieser Stelle darauf hinweisen, dass ich die erste an unserer Schule war, der der Hausmeister das DU, HEINZ, DU angeboten hat*. Zwar fiel mir vor Schreck die Kaffeetasse aus der Hand, aber das schmälerte die Erhabenheit des Momentes nicht. Im Hausmeisterbüro findet sich immer ein Wischlappen. DU, HEINZ, DU und ich sind jedensfalls ganz dicke. Das erklärt auch, dass er bereits ohne weitere Aufforderung die Tische und Stühle in der Klasse gegen größere ausgetauscht, ein Regal ab-, ein weiteres aufgebaut, meine Pflanzen gegossen und die Pinnwände neu gestrichen hat. Und das alles für ein grantiges „Wat machst du denn schon widda he?“ Boah!

Da war es dann auch ein leichtes für mich, den Rest des Klassenraumes den Bedürfnissen eines 3.Schuljahres anzupassen. Klassenraumgestaltung ist ja tatsächlich eine wichtige Sache in der Grundschule. Und da wir das unermessliche Glück eines festen Raumes haben, können wir uns da auch richtig ausleben. Natürlich nicht so, wie das unsere geschätzten amerikanischen Kollegen tun. Wusstet ihr, dass es in den USA einen Berufszweig gibt, der Klassenräume nach Mottos einrichtet und umgestaltet? Passend zu Halloween, 100th day of school, Valentinstag und so weiter. Verrückt. Andererseits auch faszinierend für jemanden wie mich, der sein Klassenzimmer recht clean einrichtet. In meiner Klasse erfüllt alles einen Zweck, da gibt es nichts, was reine Deko wäre. Keine Bärchen, keine Mäuschen, keine Herzchen. Und dann surfe ich auf die Seite Schoolgirl Style und denke, ja, so eine Tikibar… warum eigentlich nicht?

Der Hausmeister lässt sich derweil ein Brett auf den dicken Zeh fallen und teilt mir lautstark mit, dass ich ja wohl einen Knall hätte. Und offensichtlich kein Zuhause. Und überhaupt wäre es doch mal langsam Zeit für einen Kaffee!

Glück gehabt, ihr Drittklässler, gerade noch so an der Happy Honeybee Collection vorbeigekommen.

*Kniggeerfahrene mögen jetzt einwenden, dass dieser Ablauf mitnichten von gutem Stil geprägt sei. Schließlich müsse doch die Dame zuerst…? Das gilt aber definitiv nicht für Hausmeister. Die stehen über allem. Immer.