Underdressed Teil 2

Dummerweise habe ich gestern im Bett Herrn Weh ein Ei an die Backe geschnattert. Das tu ich immer, wenn ich von Elternabenden komme. Ich bin dann voller Adrenalin und Aufregung. Und das muss irgendwo hin. Ebenfalls dummerweise war ich heute früh völlig im Eimer als ich mir mit halbgeschlossenen Augen ein paar Sachen aus dem Schrank zog. Mit mauve-taupe-kariert kann man ja im Herbst nix verkehrt machen. (Pffft, denkste.) Herr Weh jedenfalls war ob der kurzen Nacht dann leider auch ziemlich verdötscht, sodass er auf meine übliche Frage lediglich ein „jajagehtschon“ brummelte. Somit habe ich das Thema abgehakt. (Ich meine, jeder, der morgens mehr als eine Butterbrotsdose zu befüllen hat, weiß doch, wie kostbar da jede einzelne Minute ist und dass man keine Zeit zu verschwenden hat.)

Ja, toller Mist auch.

Im Auto war es mir zwar ein bisschen frisch an den Beinen, aber es wird ja nun Herbst, da habe ich mir noch nichts weiter gedacht. Die erste, die mich dann darauf hinwies, dass mein Outfit für meine Verhältnisse ungewöhnlich unschicklich war, war Kollegin ZudemFeld. Da stand ich gerade am Kopierer und zog den Lebenslauf Arthur Honeggers durch. Beim Gang zur Kaffeemaschine hob Mrs-Sporty grinsend eine Augenbraue und reckte den Daumen. Bevor ich jedoch Stellung nehmen konnte, kam Kollegin Sommer (gerne in starken Farbkombinationen unterwegs), um mich nach der Auswahl der Ganzschrift für meine Klasse zu fragen. Von dieser Seite aus hatte ich also keinen Kommentar zu befürchten. Tatsächlich war ich die restliche Zeit bis zur 1.Stunde mit Zippeln und Zuppeln meines Oberteils beschäftigt. Was soll ich sagen? Mitte Oberschenkel bleibt Mitte Oberschenkel, auch wenn man nur ein wandelnder Meter ist. Nur, dass dann auch der Oberschenkel proportional gesehen kürzer ist, was die Sache genaugenommen kein bisschen besser macht. Glücklich darüber, wenigstens einen ausreichend langen Mantel gewählt zu haben, holte ich dann – fest in eben diesen eingewickelt – meine Zweitklässler vom Schulhof, der kurz nach Schuljahresbeginn immer von wahren Elternscharen bevölkert ist.

Dankenswerterweise nehmen Siebenjährige in der Regel wenig Notiz von modischer Geschmacklosigkeit. Zumindest, wenn sie erst auf den zweiten Blick erkennbar ist. So hatte ich mein durchscheinendes Problem in der 2.Stunde dann auch schon vergessen als ich breitbeinig (dazwischen je einen Ablagekasten Zusammengesetzte Herbstwörter und Das Eichhörnchen auf Nahrungssuche) auf der Fensterbank stand, um die mit viel Liebe von den Kindern gebastelten Herbstblätter auf die verdreckten Scheiben zu kleben. Just in dem Moment, in dem ich mich auf die Stiefelspitzen stellte, um mit hochgereckten Armen auch noch ein paar Blätter nach ganz oben zu kriegen, mir die Tunika von Mitte Oberschenkel auf Mitte Poppes rutschte, ertönte von der hinter mir gelegenen Klassentüre ein lautes „Ööööh!“.

Ich drehe aufgeschreckt den Kopf, sehe einen sichtlich benommenen Leihhausmeister, lasse vor Schreck das Klebeband fallen, das so unglücklich auf der Ablage aufkommt, dass diese unter lautem Getöse und mit allen darin befindlichen Arbeitsblättern zu Boden kippt, verliere – immer noch auf den Stiefelspitzen balancierend – das Gleichgewicht, knalle mit dem linken Knie in die Herbstwörter, rutsche hinterrücks von der Fensterbank, lande auf dem immer noch nicht wesentlich bedeckteren be- sowie empfindlichen Körperteil, kriege eine riesige rote Birne und wünsche mir, der Erdboden möge sich unter mir auftun.

Fairerweise muss ich sagen, dass der Leihhausmeister eine ebenso rote Birne hatte als er sich entschuldigte und mir aufhalf, um dann schleunigst das Klassenzimmer wieder zu verlassen. In den folgenden Stunden konnte ich nahezu spüren, wie das Hämatom an meinem Hintern prächtige Farben annahm. Vermutlich hätte man die sogar durchleuchten sehen können. Aber ich zog es dann vor, den restlichen Schultag im Mantel zu unterrichten.

Wer jetzt an Schokolade zum Frühstück denken musste, hier ist sie, Frau Weh, die Bridget Jones der Schulhöfe. Schön, dass wir Herbst haben, wäre es vor Ostern, hätte ich womöglich noch meine Bunnyöhrchen aufgehabt.

0 Kommentare zu „Underdressed Teil 2

  1. Au! Und wie geht’s dem Hämatom jetzt? Liegen Sie vor dem PC? Lassen Sie sich von Herrn Weh das Essen an ihr Krankenbett bringen? Sitzen können Sie schließlich nicht und, naja, Strafe muss ja wohl auch sein.

    1. Es geht mir am A… vorbei. Ich habe Milchschnitten gegessen, Trostfutter. Und auf dem Bauch geschlafen. Aber heute hat Herr Weh ganz genau auf meine Garderobe geachtet. (Züchtig, blickdicht. Ganz Gouvernante. Hö hö.)

  2. Wie? Die Lütten achten heutzutage nicht mehr auf sowas? Eine meiner wenigen Erinnerungen aus meiner kurzen Kindergartenzeit – der jeansblaue Minirock meiner Erzieherin, unter dem man so ziemlich alle rausgucken sah, wenn sie sich bückte – und ihre blonden Haare, die länger waren als besagter Rock. Alles auf meiner Nasenhöhe. Ich war, obwohl ansonsten Indianerfan durch und durch, schwer beeindruckt.
    Ach ja, die Erzieherin hat dann auch bald einen Galeristen geheiratet und ist in höhere Sphären entschwunden…

    1. Aaaaaah, wie eklig!

      Die Kinder haben gestern übrigens keinen Schaden genommen. Allerdings wurden heute überraschenderweise zwei Kinder von ihren Vätern zur Schule gebracht.

  3. Ohjeeeeeee…..wie peinlich.
    Ich kenne das mit Ausschnitt und seitlichem Einblick, ist aber schon lange her. Trotzdem unvergessen.
    Und Kollegien bauen einen da natürlich nicht auf.

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