invidia

Nach dem Telefonat bin ich grantig zu meinen Kindern und fies zu Herrn Weh. Ich beschließe früh zu Bett zu gehen und finde mich selber… ätzend!

Eigentlich ist alles endlich genau, wie es sein sollte. Aber tief in meinen Eingeweiden sitzt etwas und spuckt Galle. Verdammt, wo ich mir doch ganz anderes für den Februar vorgenommen hatte!

Rückblick:

Einer meiner Schüler ist seit geraumer Zeit in einem Heim untergebracht. Ein Heim, das weit, sehr weit vom Schul- und Wohnort entfernt liegt. Zwischen dem Erstkontakt mit dem zuständigen Jugendamt und der endgültigen Inobhutnahme vergingen 8 Monate. 8 Monate, in denen das Kind die Hölle durchmachte. 8 Monate, in denen ich mich zwischen die Eltern und meinen Schüler stellte, mit allem, was dazugehörte. Ich würde mich heldenhafter zeichnen, als ich wirklich bin, wenn ich sagen würde, es hätte mir nichts ausgemacht. Aber mit der erschreckenden Gewissheit, dass dem betroffenen Kind Leid widerfährt und es niemanden sonst hat, der helfen könnte oder wollte, habe ich über Wochen wieder und wieder das Jugendamt angerufen, die Polizei informiert, mich in gesetzlichen Grauzonen bewegt. Nebenbei auch unterrichtet. Als verschiedene Maßnahmen endlich nicht nur im Gespräch waren, sondern auch griffen, war ich unendlich erleichtert, aber auch erschöpft.

Meinen Schüler, der bis auf weiteres nicht mehr mein Schüler ist, habe ich lange nicht gesehen. Umso mehr freute ich mich, als mich die Kollegin, deren Klasse er nun besucht, anrief. Inoffiziell. Denn mein Anteil an der Sache ist beendet, daher werde ich nicht weiter von den zuständigen Behörden über das Wohlergehen des Kindes informiert. Die Kollegin teilte mir mit, was für ein Gewinn er für ihre Lerngruppe sei. Sie schilderte, wie sehr der nette Junge ihr ans Herz gewachsen sei. Ihre Preisungen nahmen kein Ende. Sie flocht ein, wie hervorragend es dem Kind in der neuen Umgebung gehe, wie sehr es sich integriert habe und was für eine gute Lehrer-Schüler-Beziehung sich entwickelt habe.

In einem Nebensatz nach den früheren Lebensumständen und dem Verlauf der Kindeswohlgefährdung gefragt, muss ich Luft holen. Ich denke an E-Mails und Briefe voller Hass, die nur anfänglich an mich, später direkt an Schulleitung und Schulamt geschickt wurden. An den Stiefvater, der drohend am Schultor lauerte, an blaue Flecken auf dem Kinderkörper und Angst in vielen Ausprägungen; versuche die Gedanken abzuschütteln wie ein Hund den Regen.

Ich bestelle Grüße und gute Wünsche und meine dies ehrlich und von ganzem Herzen.

Und dennoch piesackt mich ein Gefühl, welches wohl am ehesten damit zu umschreiben wäre, dass ich säen, aber nicht ernten durfte. Wie gerne hätte ich auch lieber lauter positive Dinge zu berichten gehabt und eine normale Lehrer-Schüler-Beziehung geführt! Aber wie kleinlich ist das!? Wie unglaublich dumm, arrogant und selbstherrlich von mir, auf ein goldenes Sternchen zu hoffen angesichts einer solchen Lebenssituation? Muss alles belohnt werden? Muss ich jedesmal ein Fleißkärtchen erhalten? Tue ich solche Dinge vielleicht auch (ausschließlich gar?), um mich und mein Handeln selbst zu bestätigen?

Die Fragen tauchen völlig unvermittelt auf und treffen mich mit ihren giftigen Spitzen ins Mark. Je ehrlicher ich mit mir selber bin, umso weniger möchte ich heute ich selber sein. Hallo Februar, ist das Liebe? Wird das noch was mit uns?

Ich bin grantig zu meinen Kindern und fies zu Herrn Weh. Ich beschließe früh zu Bett zu gehen und finde mich selber… ätzend!

43 Kommentare zu „invidia

  1. Normale Menschen wollen eben belohnt werden, dafür gibt es ja schliesslich Religion.

    Darf man dazu nicht auch einfach stehen? Oder verstehe ich da etwas falsch?

  2. Ich kann gut verstehen, dass Sie gefrustet sind und Sie sollten sich deswegen nicht auch noch Vorwürfe machen. Kann es sein, dass Sie Ihre Ansprüche an sich selbst zu hoch schrauben?

  3. Liebe Frau Weh,
    Sie sind so wunderbar ehrlich … das tut gut.
    Ihre Gedanken aber sind doch nur menschlich. Sagen Sie sich das immer wieder. Ich denke selbst Mutter Theresa stand nicht komplett über diesen „schlechten Gedanken“.
    Sie haben Ihre gute Tat auf Ihrem großen „Pluskonto“, das kann Ihnen keiner nehmen.
    Viele Grüße von Jemandem, der auch oft solche Gedanken hat ;o)

  4. Von mir bekommst du fleich fünf Fleißkärtchen. Die positive Rückmeldung zeigt, dass du alles ganz richtig gemacht hast. Auch dann(oder gerade dann), wenn es jetzt so ein positives Lehrer-Schülerverhältnis gibt. Ohne dein Zutun würde es das nicht geben können

    Liebe Grüße
    Marion

  5. Ich schicke dir ein Fleißkärtchen mit einem Goldsternchen.
    Du hast es gut gemacht. Du hast dich investiert. Es ist bitter, dass man so vieles von dem Guten, das man tut – und sich auch selbst manchmal dadurch schädigt, dass man bis an oder über die eigenen Grenzen geht- nicht zurückbekommen kann, weil es erst dann so richtig zum Blühen kommt, wenn wir nicht mehr dabei sind.
    Ich verstehe, dass dich das fies und unglücklich macht. Mich beschleicht manchmal das ekelige Gefühl, ausgenutzt zu werden….

    Aber es unser Dienst am Mitmenschen und an der Gesellschaft. Wir wissen, was wir geleistet haben. Andere können es eh nicht so ganz vestehen.
    Lass dich nicht verdriesen. Ausschlafen, durchatmen, abschütteln, weitergehen…
    Du weißt, was du geleistet hast!!!

    Meine Hochachtung!

  6. Jetzt ist aber Schluss mit Selbstbezichtigung und „hätte“!
    Sie haben unendlich wertvolle Arbeit geleistet, dem Kind geht es offenbar gut. Daraus können Sie doch genügend Zufriedenheit schöpfen.
    Spuren legen, Dinge anstoßen, und dann noch das Glück haben, auf dem Laufenden gehalten zu werden.
    Sie haben das prima gemacht.

  7. Oh man, das ist echt ne fiese Geschichte. Aber es ist doch auch ganz normal, dass dein inneres Sternenkind gern selbst die Ernte einfahren würde. Solange du das reflektieren kannst, finde ich solche Gedanken total okay.

  8. aber liebe Frau Weh, na klar wird das noch was mit der Liebe…die ganze Geschichte zeigt nur eins, Menschlichkeit…jeder hätte gerne diese Anerkennung und dieses Erfolgserlebnis nachdem er das mitgemacht hat und sich eingesetzt hat…und du hast dem Kind ja nicht deswegen geholfen um Anerkennung zu bekommen…du willst halt bloß beide Seiten des Kinderlebens miterleben und das sollte dir auch gegönnt sein…sei nicht so streng mit dir

  9. Also ich finde dieser Gedanke ist genau der richtige Schritt für die Liebe im Februar. Nicht nur Standard Valentinstag und rosa Herzchen. Denn um liebevoller und dankbarer sein zu können, muss man denke ich zuerst einmal sich selbst lieben können. Und das mit allen Ecken und Kanten. Und der Weg dahin führt unweigerlich über die Selbsterkenntnis, deren Fähigkeit Du ja hier in beeindruckender Weise bewiesen hast. Jetzt muss Du nur noch akzeptieren, dass Du genau wie alle anderen auch nur ein Mensch bist. Und Dir gegenüber dieselbe Toleranz zugestehen , die Du Deinen Mitmenschen entgegenbringst.
    P.S. Habe gerade die Kids übelst angeschnauzt, da ich in Ruhe den Kommentar fertig schreiben wollte. Es menschelt eben überall….

  10. Ich kenne Dich nicht persönlich, aber auch nur diesem einen Post nach zu urteilen, können sich die Eltern Deiner Schüler sehr froh schätzen, eine engagierte und reflektierte Lehrerin wie Dich für ihre Kinder zu haben (die dazu auch noch vortrefflich schreiben kann). Dein Wunsch, Deinen Schüler nach all dem, was geschehen ist, näher begleiten zu können, ist menschlich und verständlich. Jeder, der etwas investiert, möchte, dass sein Einsatz Früchte trägt. Jede Investition gilt auch der eigenen Versicherung und Bestätigung, dass man etwas bewegen kann. Daran ist überhaupt nichts Verwerfliches. Geh nicht so hart mit Dir ins Gericht! Vielleicht lassen sich die zweifelnden Gedanken ja ein bisschen in andere Bahnen lenken: Wie war das nochmal mit den Armen beim Glissade? 😉 Es grüßt Dich herzlich: Anne

  11. Baaaaah, ja, schlimm das.
    Aber es wird zurückkommen, es wird nur dauernd. Irgendwann steht ein junger Mann vor der Tür, mit Blumen, und sagt Danke.
    Oder ein Brief kommt. Oder was anderes. Man vergisst das nie, wenn einer hilft. Das ist saublöde an unserem Beruf, dass die Ernte so verflixt spät kommt.
    Sie kennen das sicher:
    Wer für ein Jahr plant, säht Reis.
    Wer für zehn Jahr plant, pflanzt Bäume.
    Wer für hundert Jahre plant, erzieht Menschen.

  12. Du hast das ganze doch wegen dem Jungen gemacht und nicht damit Du ein Sternchen bekommst, oder? Wenn Du Dich entscheiden müsstest zwischen Auszeichnung und Wohlergehen des Jungen würdest Du immer das Wohlergehen nehmen, oder?
    Ich kann Deinen Ärger verstehen und so ein Blog ist genau der richtige Kanal es loszuwerden.
    Ich habe meiner Grundschullehrerin viel zu verdanken (zum Glück nicht so dramatisch wie in dem von Dir beschriebenen Fall). Ich habe mich beim 30jährigen Jubiläum bedankt. Besser spät als nie. Gefreut hat sie sich trotzdem. Der Junge wird ewig wissen, was Du für ihn getan hast und wahrscheinlich wird er sich auch irgendwann bei Dir bedanken.

  13. Nicht einfach, Frau Weh, ganz und gar nicht. Und doch… Ich kann es nachvollziehen. So geht es jedem Mal, und dieser Stachel… du hast ihn gefunden, jetzt musst du ihn nur noch rausziehen, auch wenn es wehtut.

  14. „Fürchte Dich nie, nie, niemals davor, zu tun was richtig ist.
    Speziell dann, wenn das Wohl eines Menschen oder eines Tieres auf dem Spiel steht.
    Die Strafe der Gesellschaft ist nichts verglichen mit den Wunden, die wir unserer Seele zufügen, wenn wir wegschauen.“

    Martin Luther King

    Liebe Frau Weh,
    Das goldene Sternchen hast Du Dir doch schon längst selbst geschenkt! Du hast wohl diese Kinderseele gerettet und sie wird es Dir nie, nie vergessen! Da bin ich mir sicher! Du warst in diesen 8 Monaten der wichtigste Mensch für diesen Jungen, denn Du hast nicht aufgegeben und gekämpft. Du warst genau zur richtigen Zeit am richtigen Ort.
    Daumen hoch für Dich!

    Margarete

  15. Ach, Frau Weh… Von mir kriegst du ein goldenes Sternchen, auch zwei oder drei. Wie wunderbar und bewundernswert, dass du dran geblieben bist, den Mut aufgebracht hast für die Grauzonen und so viel Energie in das Wohl dieses Kindes gesteckt hast! Die Situation ist mir nicht ganz fremd und das Lesen deines Texts verursacht ein ziemlich flaues Gefühl in meinem Magen – umso mehr freut und beeindruckt es mich, dass du durchgehalten hast, bis die Massnahmen schliesslich griffen. Ungefähr das meint man mit Kuschelpädagogik, oder…
    lg, die Lehrerin in perfektmami Mirjam

  16. Ach, Frau Weh, sei doch nicht so streng zu dir selber! Du hast dich gegen so viele Widerstände gestemmt und bestimmt auch Angst ausgestanden, viel Herzblut in die Angelegenheit gesteckt, natürlich hast du „ein goldenes Sternchen“ verdient.
    Und könntest du dich Zuhause nicht gehen lassen und auch mal deine grantige Seite zeigen, wenn du dir der Liebe deines Mannes und deiner Kinder nicht sicher wärst?

  17. Guten Abend (oder guten Morgen, wenn du schon schläfst!)
    Dein Blog hat mich sehr berührt, ich kann mich in dein Denken hineinversetzen!!! Ganz spontan habe ich das Bedürfnis dir zu antworten (ist sonst nicht meine Angewohnheit).
    Ich habe selbst einige Jahre in einer Schule für/ mit psychisch beeinträchtigten Kindern als Lehrerin gearbeitet. Die Kinder wurden dabei von Ärzten getestet, therapiert,… und vormittags (soweit möglich) von uns unterrichtet.
    Natürlich gab es auch viele Gespräche mit den Eltern und oft wurden die Kinder dann in Heime oder anderen Pflegeeinrichtungen untergebracht. Im Laufe der Jahre wuchs in mir der Gedanke: Diese armen Kinder, sie haben sich das nicht ausgesucht, in welche Familien sie hineingeboren wurden.
    Schickt doch die Kinder nach Hause und gebt die Eltern in Therapie/Erziehungsheime!
    Wir Lehrer können die Kinder nur ein Stück auf ihrem Weg begleiten…und ihnen vermitteln, dass es auch „gute“ Erwachsene gibt, damit sie ihr Vertrauen in die Zukunft nicht verlieren!!!
    Du kannst dir jedenfalls am Morgen immer in den Spiegel schauen und weißt, dass du für das Kind etwas Gutes getan hast. Das soll dein positives Feedback sein – und das kannst nur du dir selbst geben! Viel Glück und einen schönen Sonnentag wünsche ich dir!!!

  18. Selbst wenn Du beim Ehrlich-zu-Dir-selbst-sein herausfinden solltest, dass Du gerne auch geerntet hättest, dass Du dich über direkte positive Rückmeldung und auch über Lob, Anerkennung und Dank freuen würdest, schmälert das Deinen Einsatz und das Resultat überhaupt nicht.
    Im Gegenteil, dass in diesem Prozess Dein Anteil nun erledigt zu sein scheint und man verlangt, dass Du mir nichts Dir nichts wieder zur Tagesordnung übergehen sollst, finde ich befremdlich.

    Liebe Grüße,
    Stefanie

  19. … ich denke eher, dieses Gefühl ist Traurigkeit. Es nicht geschafft zu haben, die Eltern wachzurütteln. Den Jungen in seiner Familie glücklich aufwachsen zu sehen. Das ist nicht kleinlich oder selbstherrlich.
    Mich hat die Geschichte sehr berührt. Sei froh, dass dich die Lehrerin angerufen hat. Dem Jungen geht es gut. Du hast für ihn gekämpft, du hast seine Not erkannt. …
    Ich selbst bin ein „Sorgerechtsentzug“. Mit 2 Jahren wurde ich meiner leiblichen Mutter weggenommen. Mein jüngerer Bruder hatte nicht so viel Glück, er landete mit 2 Monaten mit Schädelbasisbruch im Krankenhaus. Da hatte keiner genauer hingesehen.
    Du hast hingesehen und gehandelt. 🙂
    Liebe Grüße

  20. Ich finde, der Anruf ist das goldene Sternchen auf deiner Fleißkarte, denn ohne dich und deinen Einsatz gäbe es den Anruf nicht. Diese Kollegin weiss, was du geleistet hast, deshalb war es ihr wichtig, dich anzurufen und dich zu informieren. Sie wüsste außerdem nicht von dir, wenn der Junge nicht über dich geredet hätte. Insofern sehe ich da sogar mehrere Sterne. Und dass man die braucht, diese Dinge, die zeigen, das hab ich genau richtig gemacht und meine Kraft an der richtigen Stelle gelassen, ist ganz normal. Blöd ist eben, dass es oft die Familie abfängt, das geht mir auch so … Aber es ist eben auch der Ort, wo man sich vertrauensvoll gehen lassen kann … Ein Schutzraum, in dem ich auch mal wüte und dann auch ehrlich sagen kann, das hat nichts mit dir zu tun, ich ärgere mich gerade und weiss nicht, wohin mit meiner Wut … Meine Familie hat dafür Verständnis und sind froh, dass ich dann ehrlich und auch einsichtig bin …

  21. Aber das Kind ist in Sicherheit. Und wäre es nicht ohne deinen Einsatz. Spielt es für so ein Kind eine Rolle, ob die Lehrerin ihm auch geholfen hat, um sich selbst ein bisschen gut zu fühlen? Ist nicht der Anspruch an soziale Berufe, all dies aus reiner Menschenliebe zu tun, völlig überzogen?

    This American Life hatte letztens eine Geschichte von so einer rettenden Lehrerin (einer Referendarin zumal), die ich nur empfehlen kann: http://www.thisamericanlife.org/radio-archives/episode/504/how-i-got-into-college?act=2

  22. Hmmm, du erntest doch…! Nicht in deine Hände, aber – sagen wir – in einen Korb, den du an einem besonderen Ort abgestellt hast. Hier steht er nun und wird gefüllt – jeden Tag, manchmal fällt er wieder um, es fällt was raus, irgendwer hilft wieder beim Aufstellen und Einräumen. Und du kommst an dem Ort vorbei, an dem der Korb steht, und er ist bis oben hin voll mit schönen Sachen. Hättest du ihn nicht hingestellt, würde er irgendwo achtlos liegen, keiner würde was einfüllen…

    Nur durch dich ist es jetzt so, wie es ist.

    Und das ist gut!

    Übrigens: Manchmal erntet man erst sehr spät. Jahre später vielleicht… Wer weiß!

    Grüße

    Hanni

  23. Liebe Frau Weh,

    es wäre seltsam, wenn sie sich nicht so fühlen würden. Die Arbeit mit vernachlässigten, misshandelten, von den Eltern abgelehnten Kindern, ist ungemein kräftezehrend. Wie oft haben sie in den 8 Monaten daran gedacht aufzugeben? So wie ich sie aus ihrem Blog kenne, nicht ein einziges Mal. Das ist ein (unangenehmer) Teil unserer Arbeit, der ganz häufig unter den Tisch gekehrt wird, weil es eben diese Kinder bzw. deren Lebensumstände nicht geben soll/kann/darf. Wenn es darum geht, sich dieser Kinder anzunehmen, dann wird gerne nach den Lehrern, Erziehern und anderen Betreuern gerufen. Gelobt werden wird dafür nicht, Anerkennung erhalten wir, wenn überhaupt, von den Kindern. Wir erhalten diese Anerkennung nicht mal immer von den Kindern. Im Zweifel sind wir nämlich die Schuldigen, die sie von den Eltern entfernt haben 😦

    Liebe Frau Weh, sie sind eine warmherzige, einfühlsame, umsichtige und engagierte Lehrerin für viele kleine Seelen. Das kann man nur dann sein, wenn die eigene Seele gesund ist. Und die braucht eben manchmal Lob und anerkennende Worte. Die möchte ich ihnen hiermit, verbunden mit einer dicken Umarmung schicken. Seien sie in solchen Momenten sauer, eingeschnappt, egoistisch. Morgen können sie dann wieder ein bisschen perfekter sein 😉

  24. Liebe Frau Weh,

    dürfen Sie selbst einfach auch „nur ein Mensch“ sein und sich insgeheim ein bisschen Anerkennung für einen sehr selbstlosen Einsatz wünschen? Ich meine ja. Kleinlich, arrogant und selbstherrlich wären Sie nur, wenn Sie beim nächsten Mal aus diesem Grund nicht mehr helfen würden.

    Von mir gibt’s jedenfalls heute ein Extra-Fleißkärtchen! 🙂

    Regine

  25. Liebe Frau weh!
    Haben die nicht doch ein Lob im subtext erhalten?!ein inoffizieller Anruf aus Vertrauen zu ihnen,ein nun glückliches Kind für das Sie den Kampf begonnen haben und die Schlechtigkeiten ausgehalten….Sie sind die Heldin des Alltags.nicht gekrönt und gefeiert,aber eine bedeutsame Hoffnung für unsere Gesellschaft!

  26. Es nagt in der Tat am Ego, wenn man ziemlich selbstlos sich den Allerwertesten aufreißt – und keiner gibt ein positive Rückmeldung…
    Aber Du kannst stolz sein, dass du du es geschafft hast: den ganzen trägen Behördenkörper in eine Richtung zu bewegen, in die er sich bewegen soll.
    Und damit einem Kind geholfen, eine offenbar viel bessere Startposition fürs Leben zu finden als es bisher hatte.
    Wer weiß, vielleicht lauft ihr euch in ferner Zukunft doch wieder über den Weg?
    Lass mich dir stellvertretend für die ganze ungerechte Menschheit danken. 😉

  27. Waow, krasse Geschichte und meinen größten Respekt für deinen Mut! Ganz ehrlich? ich kann deine Gedanken verstehen und empfinde es nicht als egoistisch. Du willst ja nicht aus Karriere Gründen ein „Fleißkärtchen“, sondern weil du dich da mit all deinem Herzblut rein geworfen hast! Go for it! Mach dich nicht fertig und hasse dich nicht! Das ist alles sehr menschlich, finde ich!

  28. Liebe Frau Weh, Sie wurden belohnt, durch die Wendung im Leben des Kindes, durch die positive Entwicklung, die Sie mit möglich gemacht und in Gang gesetzt haben.
    Sie werden belohnt, durch Ihr Gewissen, dass Ihnen sagt, nicht einfach weggeschaut zu haben und passiv geblieben zu sein. Wieviele von uns können das von sich behaupten?
    Belohnen Sie sich selber, wenn Sie heute morgen in den Spiegel schauen und sich selber sagen: gut gemacht, Frau Weh!

    Nehmen Sie Ihre Familie in den Arm, küssen Sie alle und legen Sie ein Zettelchen in Ihr Glückglas, dass es Ihnen allen gut geht und die kleinen Wehwechen „entspannt“ aufwachsen können.

    Gut gemacht, Frau Weh!

  29. Ach, Fr. Weh, so ist es manchmal. Aber sich selbst bestätigen lassen zu wollen
    ist kein Zeichen von Arroganz und Schwäche, sondern der Ansporn zu weiteren Taten. Sie haben gut und richtig gehandelt, auch wenn Sie jetzt die Ernte nicht einfahren durfen. Irgendwann werden Sie ernten 😀.

  30. Oh Mann, Frau Weh, was für ein schwerer Brocken. Ich kann Ihre Selbstzweifel verstehen. Würde ich so fühlen und denken bzw neiden, würde ich mich auch vor mir selbst erschrecken und ätzend finden. Aber ich bin sicher, Sie werden diese Phase überwinden und sich freuen können, daran, dass es dem Schüler jetzt gut geht und Sie einen ganz erheblichen Anteil daran haben, dass es so ist. Wenn das Telefonat erst mal verdaut ist.

  31. Ihnen ist es noch nicht klar, aber auch Sie ernten.
    Vielleicht nicht unmittelbar.
    Aber dieses Kind vergisst Sie nie mehr, später denkt es an den Wendepunkt in seinem Leben und genau da werden Sie genauso dazugehören wie die Lehrerin die meinen Wandel herbeiführte und der ich nie danken konnte.

  32. Frau Weh, deine Gedanken sind nicht arrogant, sind nicht kleinlich. Sie sind normal, sie ergeben sich aus der Situation und haben ja einen festen Hintergrund. Du darfst sie haben. Sag den Kindern ein Entschuldigung, lass dich von Herrn Weh in den Arm nehmen. Und dann Kopf hoch, Krone zurechtrücken und weitermachen! Entgifte die Spitzen und atme durch. Man trifft sich immer zweimal im Leben … Schau, der Junge hat ne neue Chance. Er kann sauber neu anfangen. Bei dir wäre er in besten Händen, aber auch immer gekoppelt mit der schlechten Erinnerung. Die kann er bei neuen Gesichtern, neuen Lehrern abschütteln, wegschieben. Für ihn ist es gut. Und du hast dafür gesorgt, dass er es gut hat. Das Sternchen hast du, du siehst es nur nicht.

  33. Danke, Frau Weh.
    Fürs Hinsehen. Fürs „nicht-abwimmeln-lassen“. Für Schild und Schwert sein, als Schild und Schwert so nötig waren.
    Kein Fleißkärtchen, kein Sternchen, aber etwas so viel wertvolleres.
    „Alles Liebe“ im Februrar heißt auch, mit Liebe zu sich selbst über die eigenen Unzulänglichkeiten hinwegsehen und uns selbst zu lieben. Wie wir sind. Du hast alles richtig gemacht.

    Frau Weh, ich lese schon länger still mit, aber hier kann ich nicht mehr still sein. Du machst einen so tollen Job. Sei lieb zu dir selbst, denn du verdienst es!

  34. Ja, das ist Liebe!
    Denn „Liebe ist loslassen“ (vor Ewigkeiten in einem Buch gelesen, wo es um den Anteil von Mutterliebe ging, die das Kind unabhängig werden lässt; prägend geworden für mein pädagogisches Handeln, weil ich dann pädagogisch gut gehandelt habe, wenn ich den Menschen, mit denen ich arbeite, eine Basis mitgeben konnte, von der aus sie auch ohne mich „gut“ handeln können).
    Wir reihen uns oft ein in einen langwierigen „Gartenbau“, bei dem wir nicht wissen, wie es den „Pflänzchen“ weiter ergehen wird… Dieses „Pflänzchen“ scheint jetzt aber eine gute Chance zum freien wachsen bekommen zu haben und das ist die Hauptsache.
    Noch ein Spruch den ich irgendwie gut finde „Lass dein Brot übers Wasser fahren und es wird zu dir zurückkehren nach langer Zeit“
    Ich wünsche dir eine große Portion lächelnder Kinder zum Herz aufwärmen

  35. Liebe Frau Weh!
    Wie gut, dass es dich gibt und wie gut, dass es dich für deinen ehemaligen Schüler gab! Und ich wette, seine Unversehrtheit und sein Wohlergehen standen bei deinen Anstrengungen im alleinigen Vordergrund und nicht die damit erreichten „Lobkärtchen“. Also, Selbstkritik und Reflexion in allen Ehren, aber lass dich davon nicht auffressen – schließlich gibt es wahrscheinlich noch mehr dieser „Fälle“, die dich brauchen. Und zum Februar: Lieben geht ja nicht, ohne sich selbst zu lieben…
    Liebe Grüße
    Uli

  36. Dein Beitrag spricht mir aus dem Herzen. Manchmal denke ich auch: Hallooohoooo, ich bin auch noch da, könnte mich mal bitte jemand lobend erwähnen?
    Nix!
    Aber Immerhin hattest Du eine Situation, in der Du helfen konntest und Du hast es getan. Und als Du es getan hast, hast Du wohl mehr an den Jungen gedacht als an die Fleißkärtchen.
    Das war toll.
    Und Deinen Anteil an der Geschichte hat ja auch die Lehrerin anerkannt, sonst hätte sie Dich bestimmt nicht angerufen.
    Und jetzt hast Du auch noch den Mut so offen über Deine Gefühle zu schreiben.
    Noch ein Fleißkärtchen.
    Mann bist Du gut. Da könnte ich glatt neidisch werden.

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