Örks.

Schrieb ich gestern irgendetwas davon, dass es gut läuft?

Ahahahhahaha! Der war gut!

Heute war es furchtbar. Furchtbar laut, furchtbar anstrengend, furchtbar „Frau Weeeeeheee“. Offensichtlich tauen sie langsam auf, die kleinen Aufmüpfer unter den Erstklässlern. Den ersten war es bereits bei der Silbensegmentierung schrecklich langweilig (zugegeben, sie konnten es wirklich). Allein, was nützt es? Auch Chiara und die anderen DaZ-Kinder müssen die Chance erhalten mitzukommen. Phonetische Bewusstheit gehört immerhin zu den Basisqualifikationen des Schriftspracherwerbs. Ansonsten sind 29 Kinder vor allem eins: eine ganze Menge. Und keins gleicht dem anderen. Zwei Kinder können bereits lesen, vier rechnen im 20er-Raum, sieben Kinder halten den Stift wie einen Faustkeil – da möchte man kein Mammut sein. Obwohl… so ein Mammut, das hat bestimmt eine meterdicke Haut, die nichts durchlässt außer positiven Schwingungen, oder? Und Haare in den Ohren, was nicht zu unterschätzen ist bei einer ganzen Meute Kinder. Überhaupt war es heute eher wie Kindergeburtstag als wie Schule. Alle auf Zucker, so schien es.

Oder war es doch eher wie Kirmes und Kettenkarussell? Schnell, laut, bunt. Und fascettenreich. Antonias Mutter hat statt eines non-permanenten Folienstiftes einen permanenten eingepackt. Leider fiel dies erst auf, als sich die Schwungbögen nicht mehr von der Folie abwischen ließen. Während wir noch bei Antonia die Tränen trockneten, schnappte sich Stefan ebenjenen Marker, um sich einen Schnurrbart zu malen. Blau, hat auch nicht jeder. Beim Vorlesen streichelte Leonie mein Bein: „Ich wollte mal fühlen“ und Mia schnippste wie wild, um mitzuteilen, dass sie wüsste, was so besonders an den Vornamen der Drachenkinder sei. „Kokosnuss Kugelig und Oskar Ohnesorge sind Alliterationen, das weiß ich schon!“

Ehrlich, ich möchte auch gerne ohne Sorge sein. Mit oder ohne rhetorisches Stilmittel. Ein Stillmittel hingegen, das wäre mal was. Das würde ich dann den forschen Padawanen an Tisch 1 verabreichen, die sich sogleich lautstark die Leseecke als Residenz und das Lego-Starwars-Buch als Bibel auserkoren haben. Müssen Jedis nicht das Anschleichen lernen? Ich werde dies morgen anregen.  Ach ja, morgen… ist es nicht schön, dass es immer ein morgen gibt? Und das wird auch bestimmt wieder besser!

 

17 Kommentare zu „Örks.

  1. Ich liiiiiiiiiiiiebe diese Berichte, einfach herrlich! Danke und gute Nerven weiter hin, Frau Weh, du packst das schon!!!

  2. Liebe Frau Weh,

    ich hätte ab sofort gern tägliche Berichte, die letzten beiden waren in mancher Hinsicht ein Knaller. Erstens haben Sie die wunderbare Gabe, Ihre Erlebnisse mit einer unvergleichlichen Komik zu schildern, so dass auch mein Mann mittlerweile ahnt, warum ich abends prustend vor dem Laptop sitze und mich bittet, vorzulesen. Und zweitens ist es wirklich, wirklich sehr beruhigend, dass es auch Ihnen als erfahrener Lehrerin so geht, wenn Sie in eine erste Klasse kommen. Mein persönliches Highlight an einem Tag waren die Kinderaussagen: „Wenn man das an der Tafel rückwärts liest, heißt das (weißnichtmehr).“, „Frau Pappelheim, welcher Stift ist denn der Bleistift?“ und eine Kollegin, die mir mitteilte, dass ich doch nur zu faul wäre, den Kindern die nötige Disziplin für einheitlichen Frontalunterricht beizubringen.

    Ich wünsche dir noch viel Kraft und Nervenstärke und ein paar Mammuthaare für die Ohren.
    Alles Liebe,
    Mutter Pappelheim

    1. Nur zu faul, den Kindern die Disziplin für Frontalunterricht beizubringen – endlich mal was Neues, was uns Lehrern vorgeworfen wird.
      Ab Montag steige ich auch wieder ein – diesmal erstmalig mit einer jahrgangsgemischten Klasse. Wird sicher spannend oder wie auch immer….

      Schönes Wochenende
      Tina

  3. Herrlich – nun weiß ich wieder, wie es vor einem Jahr war 😉
    Nicht verzagen, es wird besser, fast jeden Tag – manchmal eben auch nicht!
    Frau Weh macht das schon – ich bin mir sicher!

  4. Ja, morgen wird besser – ist besser – ganz bestimmt! (Und 29 Erstklässler sind wirklich einfach zu viele.) Ich finde deine Berichte gerade so herrlich, dass ich sie bei mir verlinke – es kann nur helfen, wenn möglichst viele Eltern lesen, wie das Ganze aus Sicht der Lehrerin aussehen kann! lg, Mirjam

  5. Ich wundere mich oft über die Lautstärke von Kindern, auch untereinander. Mir schellen die Ohren, und denen macht das gar nichts aus … wie kommt das, dass Erwachsene so viel empfindlicher sind, als die Kinder selbst? Die merken es scheinbar gar nicht.

  6. Permanentstifte (auch Edding!) gehen mit Nagellackentferner ganz gut weg, wie ich aus eigener Erfahrung zu berichten weiß 😉

  7. Ich habe auch wieder herzhaft gelacht, obwohl ich mit meinen 26 Erstklässlern dicht dran bin und mit 4 Tagen Vorsprung auch noch nicht wirklich viel zu lachen habe…. Trotzdem, hier zählt jeder Schultag! Es wird besser, da bin ich sicher und wir werden nicht das Handtuch werfen, nur weil sich Schule anfangs noch mit Geburtstagsfeiern verwechseln lässt! LG Gille

  8. Soooo ich habe mein Örks heute erreicht. Während sich die Stunden zogen und ich so langsam dem Wahnsinn verfallen bin in meiner ersten Klasse, habe ich hier an Ihren wundervollen Bericht gedacht. Ich konnte über die vielen Parallelen schmunzeln und daran denken, dass es anderen Lehrern auch so geht und das hat wirklich geholfen. Man verdrängt in den folgenden drei Jahren offensichtlich gaaanz viel. Das erste Schuljahr hat mich wieder.
    Vielen Dank.
    Susann

    1. Man vergisst wirklich viel, oder?
      Andererseits kommt es schon einem kleinen Wunder gleich, wenn man überlegt, wie hoch der Lernzuwachs in diesen ersten Tagen und Wochen ist. Das versöhnt auch mit dem Rest 😉

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