Samstage sind gut für die Psyche! Je nach Alter kommen die wehschen Familienmitglieder spät bis gar nicht aus ihren Pyjamas und schlumpfen vor sich hin. Herr Weh frühstückt in aller Ruhe, die Wehwehchen kuscheln (wahlweise: zanken) vor dem Fernseher, lesen oder spielen und ich… backe.
Herr Weh (als Grundschullehrerinnengatte ganz nebenbei über Jahre psychologisch ausgebildet) spricht in diesem Zusammenhang vom Therapeutischen Backen. Und da ist was dran. Wer schon jemals einen Hefeteig ordentlich vermöbelt oder einer verzagten Baiserhaube ermutigend zugeredet hat, der weiß, was für überraschend gute Ergebnisse sich auf diese Art erzielen lassen. Außerdem gibt es wenig Elemente einer modernen Familientherapie, die verbindender sind, als das Ablecken eines Teigschabers oder das Naschen dicker Streusel vom noch warmen Kuchen. Wenn ich samstags nicht backe, dann bin ich ernstlich krank oder habe den Tiefkühlschrank voll. Wobei Auftauen niemals auch nur annähernd so befriedigen kann, wie einen Kuchen frisch aufgehen zu sehen.
Da aber auch die beste Therapie prozessorientiert angelegt ist, erhöhe ich gerade den Schwierigkeitsgrad und backe vegan. Langjährige Leser wissen, dass ich mit dieser Ernährungsweise immer wieder flirte, es aber noch zu keiner dauerhaften Vereinigung gekommen ist (One-Night-Stands lassen wir im Sinne des Jugendschutzes, dem diese Seite selbstverständlich unterliegt, jetzt mal beiseite). Vegane Hauptgerichte sind mittlerweile ein Klacks, sogar solche, die (fast) allen Familienmitgliedern schmecken. Der Trick besteht oft darin, die Bestandteile der Mahlzeit nicht weiter zu thematisieren. Dem größeren Wehwehchen schmeckte heute beispielsweise die ebenfalls vegane Lasagne nicht, es waren zu viele Fleischbrösel drin… Hackfleisch lässt sich sehr erfolgreich faken. Auch Kekse lassen sich prima vegan backen, wenn man keine Vorbehalte gegenüber Margarine hat, denn dann wird es wirklich kompliziert. Süßigkeiten lassen sich ohne großes Aufhebens austauschen. Gelatinefreies Gummizeugs lässt sich z.B. hervorragend bei Seitenbacher bestellen, die zwar über eine grauenvolle Radiowerbung verfügen, aber eben auch über ein gutes Angebot im Onlineshop. Unser Favorit sind übrigens die Kirsch Delfine. Aber backen…! Nee, ehrlich, veganes Backen finde ich deutlich schwieriger. Wir finden Tofu eklig und rohe Glitschböden aus zerdrückten Datteln ebenfalls. Außerdem will ich auch nicht Stunden in der Küche stehen und dem Sojajoghurt dabei zusehen, wie er ganz langsam durchs Küchentuch tropft, um sich in etwas Quarkähnliches zu verwandeln.
Es ist also ein ergebnisoffener Prozess, dessen Duft samstäglich aus dem Backofen zieht, und der leider nicht immer optisch wie kulinarisch überzeugen kann. Heute allerdings habe ich ein gutes Gefühl bei der Sache. Im Ofen befindet sich ein Russischer Zupfkuchen, der schon in der Zubereitung so lecker war, dass das Miniweh freiwillig die Hälfte von Calliou gegen Anwesenheit in der Küche eingetauscht hat. Gleich ist er fertig und ich werde weder der Familie noch dem Wochenendbesuch sagen, was sich darin befindet.
Aber seht selbst (und verzeiht, dass ich kein Foodblogger bin, dieser Kuchen sieht daher auf dem Foto aus, wie er eben aussieht):
Und da weder das größere Wehwehchen noch ich wirklich lange warten können, seht ihr den Kuchen hier auch gleich im Anschnitt:
Tja, was soll ich sagen? Mächtig! Lecker! Mächtiglecker!
Wer es ausprobieren möchte, hier das Rezept:
Für den Teig:
300g Mehl (ich habe Dinkel genommen, geht sicher auch mit Weizen oder gemischt)
180g Zucker
1 Päckchen Backpulver (ich habe Weinsteinbackpulver benutzt)
1 Prise Salz
180g Margarine (wir haben Sojola, aber es gibt mittlerweile einige andere)
30g Kakao
Die Füllung:
2 x 500g Vanille-Soja-Joghurt (ja, der tropft dann ein paar Stunde überm Küchentuch ab… aber vielleicht ist das ja gar nicht nötig?)
2 Päckchen Vanillepuddingpulver
8 EL Sojamilch
200g Margarine (flüssig, aber nicht heiß)
200g Zucker
nach Geschmack ein Glas Schattenmorellen
Mit 2/3 des Teigs den Boden einer gefetteten und bebröselten Springform bedecken, dabei einen Rand hochziehen. Ein Glas abgetropfte Schattenmorellen auf dem Teig verteilen. Die verquirlte Masse darüber gießen. Aus dem restlichen Teig Stücke zupfen oder mit mehr Muße kleine Plätzchen ausstechen und obenauf legen. Bei 170°C rund 1,5 h in den Backofen. Nicht vom herausströmenden Geruch beim Putzen des Badezimmers ablenken lassen!
Danach dezent den obersten Hosenknopf öffnen und für den nächsten Morgen desn Crosstrainer fest einplanen.
Guten Appetit! 🙂