Lass die Sonne rein

Der von mir bevorzugte Bastelkleber heißt Marvin.

Er verfügt über eine ganze Reihe Eigenschaften, die ich schätze. Er arbeitet zuverlässig, hinterlässt keine Spuren, ist geruchslos, flexibel bei der Materialwahl und jederzeit einsatzbereit. Von einem Drittklässler gleichen Namens kann man dies nicht gerade behaupten. Dessen Heldentag des Tages war es, Tom1 in der Pause einen Sandeimer auf den Kopf zu hauen. Zwar handelte es natürlich sich nur um einen Zufall und – zufälligerweise – auch nur um ein kleinkinddimensioniertes Sandspielzeug, die Empörung war dennoch (und berechtigterweise) groß und kostete uns nach der Pause Zeit. Diese Zeit hatte ich ursprünglich zur Fertigstellung der Laternen (ich streiche so etwas gerne zügig von der Liste) gedacht. Aber Konfliktmanagement ist nunmal wichtig. Besonders bei Wetterwechsel.

Es lässt sich nicht verhehlen, der Herbst ist da. Und mit ihm Regen, Wind und schlechte Laune. Hielt ich früher Naturphänomene wie Wetterwechsel, Vollmond, Gezeiten oder Sperrmüllabholtermine für nebensächlich und unmaßgeblich, weiß ich es mittlerweile besser. All diese Dinge beeinflussen Grundschüler kolossal in ihren Stimmungen. Nein, das ist keine Entschuldigung, das ist unverrückbare Tatsache. Genauso unverrückbar wie der Umstand, dass ich offenbar nicht mehr als ein Schweineöhrchen vertrage. Jedenfalls ist es mir gerade etwas flaumig im Bauch und ich halte es für sinnvoll, diesen Blogeintrag nun zügig zu beenden.

Laterne, Laterne

Teil 1 geschafft, die Ballons sind gekleistert.

Der Tipp einer Kollegin, die ganze Kleisterei mit bereits hängenden Ballons durchzuführen, hat sich als hervorragend herausgestellt. Meine Zweitklässler waren so sehr mit Kugel balancieren, kleistern und Schnipsel kleben beschäftigt, dass sie keinerlei Ressourcen mehr frei hatten, um Dinge zu tun. Es musste also niemand den gefürchteten Schrumpelballon übernehmen. Optisch machen die gelben Bollen, die nun von der Decke baumeln, auch einiges her. Allerdings musste ich später von einigen Ballons ein paar Haare entfernen (und auch ein wenig Kleister aus manchem Schopf), aber das gehört dazu. Genau wie das anfängliche wonnig-schaurige Gekreische, wenn sich die ersten Hände voller gespieltem Ekel in den Kleister schieben, um kurz darauf lustvoll und mit lautem „Quuuammmpsch“ wieder herausgezogen zu werden.

Kurz, die Stimmung war gut und alle Kleisterlinge mit vollem Eifer bei der Sache. Jetzt können die Dinger erstmal vor sich hin trocknen.

Materialermüdung

Die Grundschullehrerin an sich neigt ja zum Sammeln und Horten. Knöpfchen, Filmdöschen, Klopapierrollen, alles trägt die Möglichkeit zur Verwandlung in sich. Mindestens taugt es zum Basteln oder für Freiarbeitsmaterial. Also wird aufbewahrt. Befolgt man dieses Prinzip konsequent ein paar Jahre, dann ähnelt der Klassenraum (das häusliche Arbeitszimmer, der Keller, die Garage) irgendwann einem Gemischtwarenladen. Nicht so bei Frau Weh. Ich bin ein Wegschmeißprofi und insofern besitze ich gar keine Unmengen an Material.

Zumindest dachte ich das bisher.

Als ich jetzt allerdings Klassenraum A in Klassenraum B verlegt habe, wurde mir bewusst, dass ich lediglich eine andere Taktik verfolge. In den letzten acht Jahren an meiner Schule war ich in 4 Klassenräumen. Einer davon der 70qm große Musikraum mit anliegenden 3 kleinen Nebenräumen. Zwei weitere Klassen im Nebengebäude unter einem recht großen, hübsch ausgebauten, vormals leeren Dachboden gelegen.

Man ahnt, was passiert ist.

Tatsächlich befinden sich nach wie vor in den Neben-, Zwischen-, Abstell-, Dachräumen meiner alten Klassen eine erstaunlich große Zahl an Kartons, auf denen Frau Weh steht. Manche davon stehen seit… ja…7 Jahren dort.

Was ist nun aber drin, das ich ja offensichtlich nicht sonderlich vermisse?

Nun, z.B.

  • ein nicht mehr bewohntes Wespennest, das Elias N. vor einigen Jahren mit der aufregenden Geschichte der Entfernung desselben in den Sachunterricht mitgebracht hat.
  • ein Sack Gips, ich weiß nicht woher oder wofür.
  • ein Stapel nicht mehr ganz so sauberer Wachstuchdecken für den Kunstunterricht.
  • eine große Kiste mit der Aufschrift Computerkram, keine Ahnung, was da drin ist.
  • eine mittelgroße Kiste mit der Aufschrift Dekogedöns, da weiß ich leider zu gut, was die enthält: lauter gut gemeinte Mitbringsel, die die Kinder gerne in der Vorweihnachtszeit mit einem Gruß von Mama aus der Tasche ziehen.
  • mit viel Liebe (und noch mehr Zeit) hergestelltes Arbeitsmaterial zu verschiedenen Anfangswerken, Lese-Dominos, Lautkarten, Buchstabenmemorys, Bingos, 100.000 Anlautbilder (alle ausgemalt und laminiert, soviel Zeit muss sein), Anlegespiele, Klammerkarten, Setzleisten, Geräuschedosen usw. Alles in bunten Schachteln, mit beklebten Deckelchen und netten Bildchen. Hübsch. Ja wirklich.
  • Ein Karton mit Soma-Würfeln. Oh, oh… die wurden bereits vermisst.
  • Verschiedene einsatzbereite Diagnoseverfahren zur phonologischen Bewusstsein nebst Aufbaumaterial. Schlussendlich kam dann Delfin 4 und 5, sodass der Rundgang durch Hörhausen mitsamt Legohaus und Briobahn stillgelegt wurde.
  • zwei Schaumstoffwürfel und eine Schwimmnudel.
  • ein kaputtes Hunderterbrett, von dem die 32, die 51 und alle Zahlen ab 70 runterfallen, wenn man es schief ansieht.
  • Teppichfliesen (alle umsäumt! Nicht von mir).
  • ein Stapel Autozeitschriften (Kunst, 2.Schuljahr, Thema: Die Abwrackprämie).
  • diverser Laternenkram (alle Jahre wieder…).
  • ein Kunststoffohr mit sichtbaren Gehörgängen. Das habe ich aber vor zwei Jahren noch benutzt!
  • Korken, Stoff, Watte, Krepppapier, Bierdeckel, Transparentpapierschnipsel, Goldfolie, kleine Gläser mit Deckel, kleine Gläser ohne Deckel, verschiedene Deckel, leere Frischkäse-, Cappuccino-, Margarine- und andere Behälter, Nägel und Schrauben, Tapetenkleister, Tapetenrollen, Abtönfarben, Klarlack, Spritzsiebe und Zahnbürsten, …

Ich könnte das noch eine Weile fortsetzen. Stattdessen nehme ich mir für das neue Schuljahr vor, diese Kisten nacheinander entweder wegzuräumen (-> Lehrerzimmer, Materialraum, mit nettem Gruß versehen auf die Schreibtische der Kolleginnen abstellen) oder zu entsorgen (-> Lehrerzimmer, Materialraum, Abstellecken der Kolleginnen (ohne Gruß), Restmüll, Papiermüll, duales System).

Aber auf gar keinen Fall mit nach Hause nehmen!