Wenn du ein totes Pferd reitest…

…dann spring ab.

Dieses Sprichwort ging mir heute durch den Kopf, als ich mich – plötzlich, eigentlich kam ich gerade nach Schulschluss von meiner Busaufsicht zurück – im Gespräch mit einer Mutter wiederfand, die im herrischen Tonfall von mir Auskunft über die Leistung ihres Sohnes im Fach Musik verlangte. Es ist nicht so, dass ich mich einem Gespräch verweigern würde. Allerdings haben wir uns bereits vor vier Wochen unterhalten. Und vor zwei Wochen ebenfalls. De facto ändert sich nicht viel.

Sohnemann mag musikalisch sein. Möglicherweise interessiert ihn auch, was er so im Unterricht mitbekommt. Leider lässt er mich an seiner Freude nicht teilhaben. Stattdessen schlägt er mit leeren Getränkeflaschen nach seinen Nachbarn, redet – grundsätzlich ohne vorherige Meldung – in jedes Gespräch rein, und antwortet auf Fragen gerne mit „hähhhh?“. Er macht nur nach mehrmaliger Aufforderung mit und auch dann nur irgendwas und irgendwie. Als Sahnehäubchen kommt hinzu, dass er – zwar durchaus theoretisch einer normalen Sprechlage mächtig – ständig spricht wie Miss Piggy auf Speed.

Ein „befriedigend“ als letzte Zeugnisnote schien mir angemessen. Ja, fast noch ein wenig geschönt.

Jetzt ist es aber so, dass ein „befriedigend“ im Musikunterricht der Grundschule grundsätzlich auf das Konto des betreffenden Lehrers geht. Und wenn das Kind nicht mindestens eine Zwei bekommt, dann macht der Lehrer seinen Job falsch. Das jedenfalls erklärte mir heute die betreffende Frau Mama im hektischen Staccato derer, die immer Recht haben. Niemand beschwere sich sonst über sein Verhalten. Überhaupt sei er nun einmal ein aufgewecktes Kind. Und so außerordentlich musikalisch! Er habe ihr gestern erst ein Lied vorgesungen. Aus dem Musikunterricht! Da muss er ja wohl aufgepasst haben! Solle sie also ihrem Sohn erklären, bei Frau Weh habe er immer still zu sitzen, sich nicht zu rühren, sonst könne er eine bessere Note vergessen!? Das könne doch nicht angehen. Und warum müsse ihr Sohn überhaupt ruhig sein in den Arbeitsphasen? Das liegt doch wohl am Lehrer, sich durchzusetzen. Er wäre eben kein langweiliges, phlegmatisches Kind. Und der ältere Bruder sei auch auf dem Gymnasium! Und die Klavierlehrerin beschwere sich schließlich auch nie. Und die Nachbarin der Schwägerin ihres Mannes sei schließlich auch studierte Grundschullehrerin (jetzt allerdings wegen der Kinder zu Hause und der Mann verdient ja auch so gut!) und die sagte auch, dass der Sohn doch ungemein begabt sei. Vielleicht sogar un-ter-for-dert! JA!!! UNTERFORDERT!!!

Ich hätte ihr gerne so viele Dinge mitgeteilt*. Von gutem Musikunterricht. Von der Notwendigkeit, sich in einer Gruppe so zu verhalten, dass auch der Lernerfolg der anderen Kinder gewährleistet ist. Von der durchaus voraussetzbaren Befähigung eines Drittklässlers, einfach mal keine permanenten Störgeräusche von sich zu geben. Von der Unart eine eventuelle oder tatsächliche Hochbegabung als Entschuldigung für jegliches Fehlverhalten zu missbrauchen. Von der vielen Unterrichtszeit, die für alle verloren geht, weil manchen Kindern bereits von zu Hause aus vorgelebt wird, dass Respekt etwas ist, was ausschließlich die anderen zeigen müssen. Von Müttern, die mich unendlich ermüden mit ihrer blasierten, rechthaberischen Attitüde.

Stattdessen kroch in mir – irgendwo tief unten – Verständnis für die Kolleginnen hoch, die in solchen Fällen einfach die bessere Note geben.

Wuah, also manchmal…

* (so wie die letzten beiden Male)

Internationaler Bauch- und Ohrpinseltag

„Frau We-hee?“

Roman, der gerade von seinem Vater am Schultor abgeliefert wurde, schlendert in der Frühaufsicht an mich heran.

„Mein Papa findet, Sie haben schöne Beine.“

Ok. Ja. Danke. Was soll man darauf antworten? Sollte Romans Vater nicht viel mehr mein Engagement, meine Intelligenz oder meinetwegen auch meine Geduld mit seinem – weiß der Himmel! – nicht gerade leicht zu händelndem Sohnemann auffallen? (Andererseits wäre Roman vermutlich nicht Roman, würde sein Erzeuger auf solch charakterliche Nebensächlichkeiten achten.) Glücklicherweise enthebt mich Jens, der sich gerade lauthals über seinen Ranzen übergibt, einer Antwort. Das Geschrei ist groß, spritzen doch die Frühstückscerealien bis in die akkurat aufgestellte Mädchenreihe.

Ich bin eigentlich ganz froh über diesen frühen Ausbruch. Hatte Jens mir nicht bereits schon vor 5 Minuten mitgeteilt, dass ihm die ganze Nacht schlecht gewesen sei, „aber die Mama hat gesagt, ich soll mal gehen und probieren, ob es klappt“. Tut es nicht. Immerhin spuckt es sich besser auf dem Schulhof als später in der Klasse. Da kippt man einfach einen Eimer Wasser drüber und fertig. Jetzt reibt sich der arme Jens das Bäuchlein und verlangt nach Mama.

Ein wenig später im Unterricht – wir wiederholen alles Wissenswerte vom Eichhörnchen, naht doch die finale Lernstandsüberprüfung – meldet sich Leon laut schnipsend:

„Das mit den Ohrpinseln, dass die so wachsen im Herbst und dann im Winter so lang sind und im Sommer weg, das wusste mein Papa gar nicht. Der hat gesagt, du hast aber eine ganz schöne schlaue Lehrerin.“

Na also! 🙂

Alltag hoch 2

Heut wird das nichts.

Ich bin zu müde zum Schreiben. Gestern Abend hatte ich erstmalig eine Klassenpflegschaftssitzung mit den Eltern gleich zweier Klassen. Die Kollegin ist so kurzfristig – der Anruf erreichte mich eine knappe Stunde vor Beginn –  ausgefallen, dass nicht mehr abgesagt werden konnte. Also musste ich die verdutzten Eltern in einer Klasse zusammenpferchen und die Sitzung der Kollegin mitwuppen. Eng war es. Und heiß. (Wäre ich in Stimmung, würde ich jetzt ein enthusiastisches Loblied auf mein neues Deo halten. Hammer! Leider fehlen mir die Worte.)

Übrigens…man muss gar nicht 30 Minuten über gesundes Frühstück debattieren. Es reicht schon, wenn man eine Mutter dabei hat, die ganz vehement den Verzehr von künstlichen Farbstoffen ablehnt. Holla, die Waldfee! Immerhin konnte ich mich erfolgreich gegen eine Weihnachtsfeier und die Zwangsdekoration unseres wirklich schönen Klassenraumes wehren. (Mütter im Bastelwahn. Unheimlich.)

Heute hatte ich dann – ebenfalls krankheitsbedingt – das Vergnügen mit zwei Klassen zu arbeiten. Und zweimal Aufsicht. Und einen Schlag in den Magen. (Der war zwar eigentlich nicht für mich, sondern für einen Drittklässler gedacht, aber dummerweise bin ich dazwischen gegangen. Ich lerne es echt nie.) Und eine Begegnung mit meinem neuen Lieblingsleihhausmeister. Und zwei Klassenbücher aus dem letzten vierten Schuljahr im Fach, in die ich noch den kompletten Musikunterricht eines ganzen Jahres nachtragen muss. Und jetzt kann ich grad einfach nicht mehr und verschwinde aufs Sofa.

Ach ja, die gute Nachricht des Tages: nächsten Mittwoch erscheint der neue Moers. Da freue ich mich drauf.

Klassenpflegschaftssitzung

Heute Abend habe ich es gut. Da gehe ich nämlich zum Elternabend. Aber nicht zu dem meiner Klasse, sondern zum mittelgroßen Wehwehchen. Toll, da setze ich mich dann ganz entspannt auf einen Stuhl und höre mir mal an, wie es anderswo so läuft. (Ich musste Herrn Weh allerdings hoch und heilig versprechen, mich nicht in ein Amt wählen zu lassen. Auf gar keinen Fall! Im Hause Weh ist Schule nämlich sowieso schon das allumfassende Thema. Mehr geht nicht, sagt der Gatte.)

Wenn ich auf fremden Elternabenden bin, dann betreibe ich immer ein bisschen Betriebsspionage: wie ist die Stimmung? Wie lange dauert es? Wird auch mal gelacht? Kriegt die Kollegin rote Flecken am Hals? Wie sieht die Klasse aus? Was wurde in Kunst gemacht? Und so weiter. Manchmal spinkse ich in unbeobachteten Momenten auch unter den Tisch und gucke, was da so rumliegt. Oder staube ein interessantes Arbeitsblatt ab.

Reden lasse ich da übrigens lieber die anderen Mütter. Die machen das gerne. Und viel. Halleluja, sind da Schlachtjungfern engagierte Damen bei! Manchmal, wenn es seit 30 Minuten darum geht, ob beim gesunden Frühstück nun Scheibenkäse erlaubt sei oder nicht, dann zwinkere ich Wehwehchens Lehrerin mitfühlend zu und nehme im Geiste diesen Tagesordnungspunkt schonmal vorsorglich von meiner eigenen Liste.

Bandura. Lernen am Modell.

Ärger… Teil 2

Da sich die Kommentare angehäuft haben, mal in Ruhe zum Thema.

Eins vorneweg: ja, Schule ist für Eltern nicht einfach, da stimme ich zu. Und Hausaufgaben sind da noch einmal eine besondere Problemzone. Es gibt keine Hausaufgabe, die für alle Kinder einer Klasse gleichermaßen passt. Da müsste man sich schon totdifferenzieren in der Aufgabenstellung, was wir in der Grundschule ja oft genug auch tun. Dazu kommt dann die Schwierigkeit, dass man als Eltern oft nicht weiß, in welchem Maße Hilfe ok ist.

Aber auch in der Hilfs-Bereitschaft der Eltern gibt es eine enorme Bandbreite. In meiner Klasse reicht sie von MamaLennox, die ihrem Sohn auch eine Woche nach Schulbeginn kein einziges Heft besorgt hat und der Meinung ist, Hausaufgaben wären genau wie der schulische Rest völlig unwichtig, über die gestern erwähnte MamaTom1, die – so ihr Sohn heute – die Seiten für ihn geschrieben habe, „damit es schneller ginge“, bis hin zu MamaLaura, deren Tochter die Hausaufgaben grundsätzlich zweimal anfertigen muss. Ein Vorschreibexemplar und eine korrigierte Fassung, die dann den Weg in die Schule nimmt.

Ich ärgere mich über eine Aktion wie die gestrige, weil ich den Eltern von Anfang an deutlich sage, dass sie sich bei Hausaufgabenproblemen jeglicher Art (zu viel, zu wenig, zu schwierig, zu leicht, Kind heult/trödelt/bekommt Tobsuchtsanfälle/rennt ständig aufs Klo…) an mich wenden können und sollen, damit wir das gemeinsam angehen. In den meisten Fällen hat das Wort der Klassenlehrerin für ein Kind wesentlich mehr Gewicht als das der Mutter. Und oft könnte man sich die nachmittäglichen Kämpfe ersparen, wenn man sich nur überwinden und die Lehrerin mit ins Boot nehmen würde. Warum das manche Eltern nicht machen? Keine Ahnung.

Mir will nicht in den Kopf, dass es MamaTom1 so überhaupt nicht bewusst sein soll, dass sie ihrem Sohn kurz- und langfristig mit solchen Aktionen schadet. Und dass sie ihn durch ihre Handlung zum Lügen zwingt. Die gleiche Mutter, die während des Elternsprechtags schon in Tränen aufgelöst vor mir saß, weil ihr Sohn ihr zu Hause so oft die Unwahrheit sagt. Ja, wen wundert das? Wo und wie soll ein Siebenjähriger differenzieren, dass die eine Lüge in Ordnung ist und die andere nicht?

Würde man jetzt die Zeit aufrechnen, die mich Korrektur, schriftliche Reaktion und das vermutlich morgen anstehende Gespräch kosten, dann würde man schnell und zweifelsohne  feststellen, dass diese Zeit wohl anderweitig besser investiert wäre.

Vielleicht in der Vorbereitung des anstehenden Elternabends…

Ärger, du kannst mich nicht anschmier’n

Boah! Echt jetzt!

Ich korrigiere Schreibschriftlehrgänge. Und, ja, ich mache das gründlich. Gerade habe ich wütend das Exemplar von Tom1 in meine Tasche geknallt. Bei der ersten Seite, die eindeutig nicht von ihm geschrieben wurde, habe ich noch ausradiert und „jetzt mal Tom!“ an die Seite geschrieben. Bei der mittlerweile fünften Seite, die offensichtlich von seiner Mutter angefertigt wurde, fühle ich mich nur noch verarscht.

Was soll das?

Liebe MamaTom1, wenn Sie schon die Hausaufgaben für Ihr siebenjähriges Kind erledigen,

dann benutzen Sie doch wenigstens

die gleiche Schreibschrift!

Oje

Dieser Beitrag ist für all die arbeitenden Mütter, die sich in den letzten Tagen und Wochen vielleicht gefragt haben, wie die Frau Weh das immer so toll hinkriegt mit Arbeit und Familie und so.

Ihr könnt euch ganz entspannt zurücklehnen.

Eben entdeckte ich im Ranzen des mittelgroßen Wehwehchens die seit 6 Wochen unangetastete Frühstücksdose. Und – mutig wie ich bin – habe ich auch reingeguckt (sie hätte ja leer sein können). War sie leider nicht.

Zu meiner Verteidigung kann ich nur anbringen, dass nichts sonderbar gerochen hat. Zumindest nicht sonderbarer als so ein Ranzen sowieso immer riecht.

Jetzt trinke ich einen Schnaps und nehme mir das restliche Wochenende beitragsfrei.

Versprochen.

Elternarbeit

Also ich bin ja nicht bei facebook.  Und bei studivz oder WKW bin ich auch nicht. Das Letzte, ich betone, das

A l l e r l e t z t e

wäre, dass mich Eltern dort anschreiben und gruscheln wollen würden. Ah, gru-se-lig! Ich habe auch so genug Sozialkontakte. Ehrlich. Das unterscheidet uns an der Grundschule ja von den Kollegen anderer Schulformen. Dort tauchen zur Klassenpflegschaft dann vielleicht 5 Eltern auf. Das sind kurze Elternabende. Da bin ich manchmal wirklich neidisch. Ich muss zwischendurch schonmal zusätzliche Stühle in die Klasse schaffen, weil es oft voll wird. Aber ehe ich jetzt falsch verstanden werde, ich finde es richtig, wenn Eltern Interesse und Einsatz zeigen! Leider sind es oft die falschen. Oder besser formuliert: Die Eltern, die ich dringend sehen müsste, die kommen nicht. Dafür kommt Supermom mit I-Phone, selbstgebackenen Keksen und Thermoskanne und setzt sich ganz nach vorne. Und ihren Mann hat sie auch noch dabei.

Bei uns ist es so, wenn die Väter mitkommen, wird es lang. Und laut. Väter kommen in der Regel nur dann mit, wenn es brennt. Oder wenn ihnen die zugehörigen Mütter die Hölle heiß gemacht haben. Dann schweigen sie und grummeln manchmal und ganz plötzlich… BOMMMMMM! sind sie da und machen ein Fass auf. So geschehen beim letzten Elternabend. Meine reizenden Kleinen habe ich noch nicht so lange, ich habe sie sozusagen mitten im laufenden Schuljahr second hand bekommen. Das ist immer schlecht. Gerade im ersten Schuljahr bringt so ein Kurswechsel unvermeidlich Unruhe mit sich. Also schnell eine außerordentliche Klassenpflegschaftssitzung einberufen um die Sachlage zu erklären und die Eltern zu beruhigen.

Ich: „Guten Abend zusammen. Schön, dass Sie so zahlreich erschienen sind. Mein Name ist Frau Weh und ich bin seit letzter Woche die neue Klassenlehrerin Ihrer Kinder.“

Noch während ich die Worte ausspreche, nehme ich im Augenwinkel einen Vater wahr, der offensichtlich über großen Bewegungsdrang und einen – holla! – hochroten Kopf verfügt. (Ich habe immer ein bisschen Sorge, dass mal jemand auf meinem Elternabend einen Herzinfarkt bekommt. Wenn es bei den Erste-Hilfe-Schulungen um Herzinfarkte geht, passe ich oft nicht so richtig auf. Dafür bin ich bei allen kindbezogenen Themen aber aufmerksam, Ehrenwort!) Bevor ich die Tagesordnungspunkte erläutern kann, reißt es den Vater von seinem Stuhl.

Vater (ungeduldig, hochrot):“Jajaja, aber wie sehen Sie das denn mit diesem Mist, diesem Dings, diesem Schreiben und Lesen!?“

Ich (freudiges Strahlen im Blick): Guten Abend, Herr…?“

Vater (irritiert): „Ja, äh, Vater von Amelie!“

Ich (fröhlich): „Guten Abend, Herr Müller. Sie haben etwas auf dem Herzen?“

Vater (leicht aus dem Konzept gebracht): „Ja, also das mit dem Schreiben mit Lesen!?“

Ich (lächelnd): „Ja, das lernen die Kinder bei mir. Zumindest hoffe ich das.“

Erste Lacher bei den anderen Eltern.

Vater (auf der Suche nach dem roten Faden): „Nein, also das nicht. Ich meine das, wo die Kinder so schreiben wie sie wollen.“

Ich (freudig überrascht): „Ach, Sie meinen vermutlich die Methode Lesen durch Schreiben?“

Vater (befriedigt): „Ja, genau! Lassen Sie die Kinder auch machen, was sie wollen?“

Ich (strenge Stimme, hochgezogene Augenbraue, klitzekleines Lächeln im Mundwinkel): „Aber mitnichten, Herr Müller, hier macht keiner, was er will, hier machen alle, was ich will!“

Wäre das auch direkt geklärt.

Willkommen To Sin

Früher war ja manches einfacher. Als es noch kein youtube gab und kein Englisch in der Grundschule. Da konnte man richtig tollen Musikunterricht machen. Wenn wir im 4.Schuljahr mit Rap begonnen haben, dann habe ich die Kinder per Vocassion oder Bodypercussion einen Grundbeat schlagen lassen und dazu Oldschoollegende Kool Moe Dees Go See The Doctor performed. Ein absoluter Klassiker der rap language. Und so verdammt cool. Da wussten die Kinder sofort und auf der Stelle Bescheid. In den folgenden Einheiten konnte man dann leicht DJing, B-Boying und Graffiti einfließen lassen und – ta daa! – das Gefühl für HipHop war wachgeküsst. Natürlich wollten die Kinder auch vor ein paar Jahren immer gerne wissen, worum es eigentlich geht. Und auch wenn ich generell dafür bin, Kindern grundsätzlich keine Sachverhalte zu verschleiern, ist es bei diesem Stück (wie  bei vielen Raps) nun etwas… prekär. Also beließ ich es bei der allgemeinen Feststellung, dass ein Arztbesuch dann und wann nicht schaden könne und gut war.

Heute hat mans schwer. Da steckt man mitten in der Notenlehre und kommt beim Radiohören während der Autofahrt auf die geniale Idee, den Kindern den G-Dur-Akkord mit dem Glockenspielpattern im bekanntesten Song der Bananafishbones zu vermitteln:

Come To Sin

da fällt einem auf, dass der Text nicht gerade das ist, was Eltern gerne im Musikheft ihres Viertklässlers lesen.

Kleine Bemerkung am Rande:

Glockenspiele sind wohl noch das in den meisten Grundschulen am häufigsten vorhandene Instrument. Also nutzen wir sie doch. Es muss ja nicht immer Orff sein. Interessanterweise gibt es noch einige weitere Popsongs, in denen das Glockenspiel eingesetzt wird. Z.B. in Radioheads No Surprises (Vorsicht, Stimmung ist anders) oder Cheryl Coles Fight For This Love. Der Einsatz von Come To Sin eignet sich in meinen Augen besonders gut zum Klassenmusizieren, da das Pattern einfach ist, sich wiederholt und schrittweise ergänzt werden kann. Schlussendlich lässt sich eine recht nette Performance einüben mit Glockenspielen, wenigen Metallophonen, Boomwhackers, Cajon oder anderem Schlagwerk. Und das Allerwichtigste: Die Motivation der Kinder ist bei diesem Stück unglaublich hoch. Selbst der letzte Muffelkopf verlässt die Stunden mit heißen Öhrchen, weil es so toll war. Versprochen!

Aber das muss nun im Sinne der Kunst einfach ignoriert werden, denn dass das Stück ein wahrer Knaller ist, hört ja nun jeder. Am Tag nach der ersten Bananafishbone-Stunde können mir alle Kinder den G-Dur-Akkord nennen und vorsingen, drei Kinder kommen mit dem ausgedruckten und über google übersetzten Text (ha ha), fünf Kinder haben sich das Stück bereits auf legale oder andere Weise heruntergeladen, ein Kind bringt ein eigenes Glockenspiel mit und ein weiteres einen Brief seiner Mutter, in dem steht, dass sie auf eine Erklärung wartet, was „so ein Schund“ im Musikunterricht der Grundschule zu suchen hat. So macht Unterricht Spaß!